Webseiten krumme13.org offline

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Dauerhaft erreichbar ist jedoch die postalische Anschrift der zentralen Person des Projekts, die ich hier auf dessen Wunsch hin veröffentliche:

Dieter Gieseking
Postfach 100653
75106 Pforzheim

Dieter Gieseking ist mit all seinen Möglichkeiten bemüht, die Webseite wieder verfügbar zu machen. Inzwischen wurde auch ein Rechtsanwalt eingeschaltet.

Laufende Updates zum Status sind auf den Seiten des Projekt ketzerschriften.org erhältlich, das der K13-Redaktion freundlicherweise eine Art Online Not-Asyl gewährt hat.

Neue Perspektiven, drakonische Strafen

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Die Möglichkeiten, Chancen und Risiken werden immer wieder intensiv diskutiert und zugleich überholen die Entwicklungen die Diskussion immer wieder.

Ich wurde vor kurzem auf einen Fall aus den USA aufmerksam gemacht. Hier die Pressemitteilung der US Behörden dazu (Übersetzung):

CHARLOTTE, N.C. – David Tatum, 41, ein Kinderpsychiater in Charlotte, wurde heute wegen sexueller Ausbeutung eines Minderjährigen und der Verwendung von künstlicher Intelligenz (KI) zur Erstellung von kinderpornografischen Bildern von Minderjährigen zu 40 Jahren Gefängnis und anschließender 30-jähriger Haftentlassung unter Aufsicht verurteilt, gab Dena J. King, US-Staatsanwältin für den westlichen Bezirk von North Carolina, bekannt. Tatum wurde außerdem zur Zahlung einer Entschädigung in einer noch festzulegenden Höhe innerhalb von 90 Tagen, einer Sonderveranlagung in Höhe von 100 Dollar pro Anklagepunkt sowie einer Sonderveranlagung in Höhe von insgesamt 99.000 Dollar gemäß dem Amy, Vicky und Andy Child Pornography Victim Assistance Act (AVAA) verurteilt. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis muss sich Tatum außerdem in allen Bundesstaaten oder Gerichtsbarkeiten, in denen er arbeitet oder wohnt, als Sexualstraftäter registrieren lassen. Robert M. DeWitt, leitender Spezialagent des Federal Bureau of Investigation (FBI) in North Carolina, schließt sich der heutigen Ankündigung von US-Staatsanwalt King an.

„Als Kinderpsychiater wusste Tatum, welche schädlichen und lang anhaltenden Auswirkungen sexuelle Ausbeutung auf das Wohlbefinden der Opfer hat. Trotzdem ließ er sich auf die verwerfliche Praxis ein, geheime Aufnahmen seiner Opfer zu verwenden, um illegale Bilder und Videos von ihnen zu erstellen“, sagte Staatsanwalt King. „Tatum hat auch künstliche Intelligenz auf die schlimmstmögliche Weise missbraucht: um Kinder zu Opfern zu machen. Die heutige Verurteilung zu 40 Jahren Haft unterstreicht unsere Bemühungen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um den kindlichen Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Da der Bereich der künstlichen Intelligenz immer weiter fortschreitet, ist mein Büro entschlossen, Straftäter zu verfolgen, die versuchen, diese Technologie auszunutzen, um Kindern Schaden zuzufügen.“

„Es ist schrecklich zu glauben, dass jemand heimlich Kinder beim Entkleiden und Duschen aufnimmt, um sich selbst sexuell zu befriedigen. Und wenn sich herausstellt, dass es sich bei dieser Person um einen Arzt handelt, der damit betraut ist, Kindern in schwierigen psychischen Situationen zu helfen, ist das unvorstellbar“, sagte der leitende Sonderagent des FBI Charlotte DeWitt. „Das FBI wird niemals aufhören, daran zu arbeiten, Täter wie Tatum für eine sehr lange Zeit hinter Gitter zu bringen.“

Laut den eingereichten Gerichtsdokumenten, den bei Tatums Prozess vorgelegten Beweisen und Zeugenaussagen besaß Tatum zwischen 2016 und 2021 Bilder und Videos mit Kinderpornografie. Wie in der Verhandlung nachgewiesen wurde, nahm Tatum im oder um den Juli 2016 heimlich einen Minderjährigen auf, während dieser sich entkleidete und duschte. Eine gerichtsmedizinische Analyse elektronischer Geräte ergab, dass Tatum das Video des Minderjährigen produzierte und es zusammen mit anderen kinderpornografischen Bildern und Videos besaß. Nach den Beweisen der Verhandlung machte Tatum ähnliche heimliche Aufnahmen von anderen Personen, darunter auch von seinem Patienten während eines ambulanten Besuchs, der fünf Tage vor der Aufnahme gerade 18 Jahre alt geworden war.

Darüber hinaus wurde in der Verhandlung nachgewiesen, dass Tatum künstliche Intelligenz nutzte, um bekleidete Bilder von Minderjährigen digital so zu verändern, dass sie sexuell eindeutig sind. Insbesondere wurde nachgewiesen, dass Tatum eine webbasierte Anwendung für künstliche Intelligenz verwendet hat, um Bilder von bekleideten Minderjährigen in Kinderpornografie zu verwandeln. Zwei der Bilder, die Tatum mit Hilfe der künstlichen Intelligenz veränderte, stammten von einem Schulball und einem Foto zur Erinnerung an den ersten Schultag.

Am 4. Mai wurde Tatum von einer Bundesjury in Charlotte in einem Fall der Herstellung von Kinderpornographie, in einem Fall des Transports von Kinderpornographie und in einem Fall des Besitzes von Kinderpornographie verurteilt. Tatum befindet sich derzeit in Bundeshaft und wird in die Obhut des Federal Bureau of Prisons überführt, sobald eine Bundeseinrichtung benannt ist.

Bei der heutigen Bekanntgabe lobte US-Staatsanwalt King das FBI für seine Ermittlungen in diesem Fall.

Die stellvertretenden Staatsanwälte Daniel Cervantes und Mark T. Odulio von der US-Staatsanwaltschaft in Charlotte haben den Fall strafrechtlich verfolgt.

Es handelt sich einerseits um eine (verwerfliche) Verletzung der Privatsphäre durch unerlaubte Videoaufnahmen in einem sehr privaten Moment. Das scheint mir aber im Strafmaß eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben. In Deutschland würde ich einen Verstoß gegen § 201a Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen für denkbar halten, was mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe geahndet wird.

Die Strafe ergab sich aus der Herstellung von zwei als kinderpornographisch gewerteten Bilder mittels künstlicher Intelligenz. Der Täter hat bekleidete Bilder von Minderjährigen digital so verändert, dass sie sexuell eindeutig sind.

Es handelt sich um einen Vertrauensbruch und ist für die Betroffenen sicherlich unangenehm. Nach meinem persönlichen Rechtsempfinden dürfte der Arzt sich (aufgrund der unerlaubten Videoaufahmen von Patienten) nicht beklagen, wenn er die Zulassung verloren hätte. Darüber hinaus wäre ein moderates Schmerzensgeld zugunsten der Betroffenen sicherlich zu erwarten, vielleicht auch eine Geldstrafe an den Staat. Als Folge des Tabubruchs würde es darüber hinaus auch persönliche, nicht-staatliche Konsequenzen geben, da Tabubrüche sozial geächtet sind und zu entsprechenden gesellschaftlichen Reaktionen führen. Der Mann hätte viel Arbeit vor sich, um sein als Konsequenz seiner Verfehlung aus den Fugen geratenes Leben wieder auf Kurs zu bringen. Eine Haftstrafe muss da aus meiner Sicht wirklich nicht auch noch sein.

„Lang anhaltende Auswirkungen sexueller Ausbeutung auf das Wohlbefinden der Opfer“ kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Diese wären hier nur aus einem sehr repressiven und asozialen Menschenbild zu begründen, in der die Person, deren Recht verletzt wurden, eigentlich nur als Gegenstand vorkommt, der durch eine Handlung entweiht oder geschändet wurde und die von außen zugefügt Beschmutzung und Schande in den Augen der Gesellschaft nicht mehr loswerden kann. Dieses Menschenbild gibt vor, Opfer zu schützen, ist aber tatsächlich opferfeindlich.

In den USA, die in ihrer Verfassung grausame und ungewöhnliche Bestrafungen eigentlich verbieten (8. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika: „Es sollen weder übermäßige Kautionen verlangt, noch übermäßige Bußgelder verhängt, noch grausame und ungewöhnliche Bestrafungen angewendet werden.“) hat es dafür eine Haftstrafe von 40 Jahren mit anschließenden 30 Jahren Bewährung und Registrierung als Sexualstraftäter gegeben.

In Deutschland wäre diese Strafe nicht einmal für einen Mord aus niedrigen Beweggründen und bei besonderer Schwere der Schuld zulässig. Auch der schlimmste Mörder hat in Deutschland die Chance, nach 15 Jahren wieder frei zu kommen.

„Achtung und Schutz der Menschenwürde gehören zu den Konstitutionsprinzipien des Grundgesetzes. Die freie menschliche Persönlichkeit und ihre Würde stellen den höchsten Rechtswert innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung dar (vgl BVerfGE 6, 32 (41); 27, 1 (6); 30, 173 (193); 32, 98 (108)). Der Staatsgewalt ist in allen ihren Erscheinungsformen die Verpflichtung auferlegt, die Würde des Menschen zu achten und sie zu schützen.
Dem liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, in Freiheit sich selbst zu bestimmen und sich zu entfalten. Diese Freiheit versteht das Grundgesetz nicht als diejenige eines isolierten und selbstherrlichen, sondern als die eines gemeinschaftsbezogenen und gemeinschaftsgebundenen Individuums (vgl BVerfGE 33, 303 (334) m.w.N.). Sie kann im Hinblick auf diese Gemeinschaftsgebundenheit nicht “prinzipiell unbegrenzt” sein. Der Einzelne muß sich diejenigen Schranken seiner Handlungsfreiheit gefallen lassen, die der Gesetzgeber zur Pflege und Förderung des sozialen Zusammenlebens in den Grenzen des bei dem gegebenen Sachverhalt allgemein Zumutbaren zieht; doch muß die Eigenständigkeit der Person gewahrt bleiben (BVerfGE 30, 1 (20) – Abhörurteil). Dies bedeutet, daß auch in der Gemeinschaft grundsätzlich jeder Einzelne als gleichberechtigtes Glied mit Eigenwert anerkannt werden muß. Es widerspricht daher der menschlichen Würde, den Menschen zum bloßen Objekt im Staate zu machen (vgl BVerfGE 27, 1 (6) m.w.N.). Der Satz, “der Mensch muß immer Zweck an sich selbst bleiben”, gilt uneingeschränkt für alle Rechtsgebiete; denn die unverlierbare Würde des Menschen als Person besteht gerade darin, daß er als selbstverantwortliche Persönlichkeit anerkannt bleibt.
Auf dem Gebiet der Strafrechtspflege, auf dem höchste Anforderungen an die Gerechtigkeit gestellt werden, bestimmt Art. 1 Abs. 1 GG die Auffassung vom Wesen der Strafe und das Verhältnis von Schuld und Sühne. Der Grundsatz “nulla poena sine culpa” hat den Rang eines Verfassungssatzes (BVerfGE 20, 323 (331)). Jede Strafe muß in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Straftat und zum Verschulden des Täters stehen (BVerfGE 6, 389 (439); 9, 167 (169); 20, 323 (331); 25, 269 (285f)). Das Gebot zur Achtung der Menschenwürde bedeutet insbesondere, daß grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafen verboten sind (BVerfGE 1, 332 (348); 6, 389 (439)). Der Täter darf nicht zum bloßen Objekt der Verbrechensbekämpfung unter Verletzung seines verfassungsrechtlich geschützten sozialen Wertanspruchs und Achtungsanspruchs gemacht werden (BVerfGE 28, 389 (391)). Die grundlegenden Voraussetzungen individueller und sozialer Existenz des Menschen müssen erhalten bleiben. Aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ist daher – und das gilt insbesondere für den Strafvollzug – die Verpflichtung des Staates herzuleiten, jenes Existenzminimum zu gewähren, das ein menschenwürdiges Dasein überhaupt erst ausmacht. Mit einer so verstandenen Menschenwürde wäre es unvereinbar, wenn der Staat für sich in Anspruch nehmen würde, den Menschen zwangsweise seiner Freiheit zu entkleiden, ohne daß zumindest die Chance für ihn besteht, je wieder der Freiheit teilhaftig werden zu können.

Hier ein konkretes Beispiel für zwei der schlimmsten Mörder, die in 15 Jahren eine Chance bekommen werden, wieder frei zu kommen. Aus einem aktuellen Bericht des NDR:

Vierjähriger getötet: Lebenslange Haftstrafe für Mutter und Partner

Im Prozess um einen getöteten Vierjährigen aus Barsinghausen hat das Landgericht Hannover die Kindesmutter und ihren Partner wegen Mordes durch Unterlassen zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.Bei beiden Angeklagten wurde zudem die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren gilt damit
für die 29-jährige Mutter und ihren 34 Jahre alten Lebensgefährten als unwahrscheinlich. Das Gericht folgte mit dem Urteil am Montag den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte eine höchstens zehn-, beziehungsweise zwölfjährige Haftstrafe gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Chats belegen Absprachen über Gewaltexzesse

Die beiden Angeklagten hätten in dem Jungen und seiner zwei Jahre älteren Schwester Störfaktoren für ihre Partnerschaft gesehen, sagte die Vorsitzende Richterin am Montag. Die Mutter und ihr Lebensgefährte misshandelten die Geschwister – insbesondere den Vierjährigen – demnach monatelang körperlich und seelisch. Beide Angeklagte hatten im Prozessverlauf eine Vielzahl der Vorwürfe eingeräumt. Chat-Verläufe und im Chat versendete Fotos des Jungen hatten zudem Absprachen über Gewaltexzesse belegt.

Vierjährigen mit Fleischklopfer geschlagen

Der vier Jahre alte Junge war am 12. oder 13. Januar 2023 gestorben, nachdem der 34-Jährige ihm mit einem Fleischklopfer zahlreiche Verletzungen zugefügt hatte. Laut Anklage erfolgte das Sterben langsam und mit erheblichen Schmerzen, weil die Erwachsenen keinen Arzt holten. Erst am nächsten Tag rief der 34-Jährige der Anklage zufolge den Rettungsdienst, die Mutter startete Wiederbelebungsversuche. Das Paar behauptete dann, der Junge habe sich bei einem Treppensturz verletzt.

Junge und Schwester über Monate gequält

Bereits zuvor wurde das Kind laut Gericht über Monate unter anderem mit einem Fleischklopfer und einem Gürtel geschlagen und immer wieder unbekleidet über Nacht in eine Abstellkammer gesperrt. Der Junge und seine Schwester wurden zudem auch mit Entzug von Essen und Trinken gequält und durften nicht zur Toilette gehen. Stundenlang mussten sie mit erhobenen Armen auf dem harten Boden knien, wie die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung beschrieb.

Ist diese Tat und ihre Konsequenzen irgendwie damit vergleichbar, dass jemand ein normales Foto genommen hat und es virtuell sexualisiert hat?

Vermutlich handelte es sich bei dem Ergebnis um „Posing“ Aufnahmen also die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung. Die Person, die mich auf den Fall aufmerksam gemacht hat, hat mir auch ein paar Bilder gezeigt, die den aktuellen Stand der Technologie wiedergeben (sollen).

Ausgangspunkt seiner Bearbeitung war ein Bild auf einer Modeseite. Damit es keine Copyrightverletzung gibt, ist die Quelle lediglich verlinkt. Damit es keine Persönlichkeitsverletzung gibt, wurde das Ausgangsbild (insbesondere das Gesicht des Jungen) mit KI verändert. Das Ergebnis:

Danach wurde in einem zweiten Schritt das T-Shirt entfernt:

Wir haben damit bereits ein teilweise unbekleidetes Kind. Damit daraus etwas (nach aktueller deutscher Gesetzgebung) kinderpronographisches wird, bräuchte es nur noch eine aufreizend geschlechtsbetonte Körperhaltung.

Natürlich kann KI auch das. Es braucht dazu auch keine Bilder von Kindern als Vorlage. KI-Generatoren genügt ein Erwachsener also Vorlage für eine aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder sogar einfach eine textliche Beschreibung. Würde man an dieser Stelle weitermachen, würde das in Deutschland zu einer Strafbarkeit mit ganz empfindlichen Strafandrohungen führen:

§ 184b – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.

Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(…)

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

Die Herstellung selbst ist (vermutlich) straflos, da es sich ja um kein tatsächliches Geschehen handelt. Allerdings wäre es aufgrund der Qualität wahrscheinlich schwierig zu beweisen, dass es sich lediglich um ein wirklichkeitsnahes Geschehen handelt. So gesehen droht ggf. auch das Strafmaß von 1 bis 10 Jahren.

Soweit es den Besitz betrifft wird eindeutig fiktives (also nicht wirklichkeitsnahes) Material zwar nicht bestraft (auch wenn es bei einer Entdeckung sicherlich erst mal zu einer Verfolgung und vielleicht auch zu einem Prozess und mit unfähigem Anwalt möglicherweise sogar zu einer Verurteilung käme), KI-Bildgeneratoren können aber (wie oben gezeigt) auch wirklichkeitsnahe Bilder herstellen, die (wenn sie etwas weiter gehen als das oben Gezeigte) bei Besitz den Strafrahmen von 1 bis 5 Jahren auslösen würden.

Es ist dafür nicht einmal ein Ausgangsbild erforderlich. Das nachfolgende Bild entstand (soweit mir das berichtet wurde) in einem KI-Bildgenerator lediglich auf Basis eines Beschreibungstextes:

Warum sollte irgend jemand wegen so einem Bild oder einem vergleichbar erzeugten Bild mit aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder dargestellten Handlungen bestraft werden?

Es gibt Unmengen Erwachsener, die Pornographie konsumieren. Ein Artikel der Stuttgarter Zeitung vom Januar 2020 berichtet, dass 9 von 10 Männern regelmäßig Pornos anschauen. Auf„Ficken.de“ wurde in einem (inzwischen verschwundenen) Artikel behauptet: „In Norwegen zum Beispiel gaben 96% der Männer und 73% der Frauen an, regelmäßig Pornos zu gucken, ähnliche Werte werden auch in Schweden verzeichnet.“

Die meisten dieser Menschen werden in einer Beziehung sein, in der es möglich ist, Sexualität mit einem anderen Menschen auszuleben – und nutzen trotzdem regelmäßig pornographisches Material. Die leichte Verfügbarkeit von pornographischem Material dürfte für sehr viele Männer, die gerade keinen Zugang zu gelebter Sexualität mit einem anderen Menschen haben, ein wichtiges und willkommenes Ventil sein, um sexuellen Druck abzubauen.

Der einzige (für mich) nachvollziehbare Grund für die Berechtigung eines Verbots von pornographischem Material, das tatsächlich existierende Kinder zeigt, ist die damit einhergehende schwere Verletzung der Persönlichkeitsrecht des Kindes. Nur gibt es die nicht, wenn Texte ausreichen, um mittels KI einer Fantasie bildliche Gestalt zu verleihen.

Immer wieder wird auch angeführt, man müsse kinderpornographisches Material (unabhängig vom Gezeigten heute typischerweise als „Missbrauchsdarstellungen“ gegeißelt) verbieten, weil dadurch ein Markt entstünde, der zu Missbrauch an Kindern führe, um den Markt zu befriedigen.

Was passiert, wenn auf Knopfdruck aus heißer Luft in Minuten Dutzende, in Stunden hunderte, in Tagen tausende Bilder erzeugt werden können, die den „Markt“ befriedigen können, ohne dass dadurch irgendein real existierendes Kind geschädigt oder in seinen Rechten beeinträchtigt wurde?

Darstellungen tatsächlich existierender Kinder wären nicht mehr relevant, um den „Markt“ zu befriedigen. Sie sind moralisch verwerflich und nur wesentlich schwieriger, zu viel höheren Kosten und mit viel höheren Risiken zu erzeugen.

KI erzeugtes Material ist tatsächlichen Darstellungen moralisch überlegen, kann schneller und in unbegrenzter Menge erzeugt werden, flexibel nach den Bedürfnissen des Nutzers erzeugt werden und seine Fantasien zielgenau befriedigen. Perspektivisch dürfte KI-generiertes Material tatsächliches Material (bei dem wirklich die Rechte von Kindern teils sehr schwerwiegend beeinträchtigt werden) deshalb verdrängen.

Pädophile und Hebephile erhalten damit Zugang zu einer moralisch ziemlich unproblematischen Masturbationshilfe, die Ihnen eine menschenwürdigere Sexualität ermöglicht.

Nur: wenn den Betroffenen für die Ausübung dieser menschlich naheliegenden und technisch leicht zugänglichen Möglichkeit Haftstrafen von bis zu 5 Jahren (in Deutschland) oder gar 40+ Jahren (in den USA) drohen, dann ist der Zugang auf eine Weise verstellt, die aus meiner Sicht nicht mit der Menschenwürde vereinbar ist. Die „Schuld“ ein gesellschaftliches Tabu zu brechen, rechtfertigt keine Haftstrafe. Die eingebildete Schwere der Straftat hat dann nichts mehr mit der Realität zu tun und die angedrohte Strafe wird aus meiner Sicht verfassungswidrig.

Ich vermute allerdings, dass die Strafandrohung vor dem Verfassungsgericht aufgrund des herrschenden Zeitgeists dennoch Bestand haben könnte. Trotzdem wäre bei einer Verurteilung der Weg zum Verfassungsgericht sicherlich angezeigt.

„Es geht immer um die Frage: Habe ich meine Liebe genug gezeigt“

Das ist der Titel eines Spiegel Artikels, einem Interview mit zwei Sterbebegleitern. Ein paar Zitate daraus:

Ich treffe immer wieder auf Menschen, die wirklich in Bedrängnis sind, Schuldgefühle haben, wütend und verzweifelt sind. Aber nicht wegen ihres Jobs, des Business oder weil sie eine Karrierechance verpasst haben. Es geht immer um die Beziehungen, die sie nicht gelebt haben. (…) Viele Menschen hadern an ihrem Lebensende, weil sie sich um ihre Zeit und Chancen betrogen fühlen. (…) Am Ende geht es immer um die Fragen: Habe ich gute Beziehungen gehabt? Wurde ich geliebt und habe ich meine Liebe genug gezeigt? Es geht niemals um das Materielle.

Ich denke es liegt auf der Hand, dass die Gefahr, dass Pädo-/Hebephile sich am Ende ihres Lebens um ihre Chancen auf eine erfüllende wechselseitige Beziehung betrogen fühlen, besonders groß ist.

Es ist im Leben oft so, dass man das, was fehlt und stets unerreichbar scheint, besonders schmerzlich vermisst wird. Für Pädo-/Hebephile ist ein menschliches Grundbedürfnis (Sexualität) und ein wichtiges menschliches Beziehungsspektrum sozial geächtet und weitgehend kriminalisiert.

In einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur „Unter Kontrolle. Wie Pädophile mit ihrer Neigung leben(ab Zeitstempel 21:28) erklärte Dr. Christoph Joseph Ahlers, Sexualtherapeut und Mitbegründer von „Kein Täter werden“ :

Was die Betroffenen als eigentlichen tiefen Schmerz erleben und was sie betrauern ist der Umstand, dass sie die Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse durch intimen Körperkontakt, durch Hautkontakt, niemals erleben können. Das heißt, das Gefühl, das wir alle suchen, wenn wir uns in eine partnerschaftliche Sexualbeziehung begeben, jemand, der uns anfasst, den wir anfassen, der uns drückt, der uns hält, der uns küsst, der in uns sein will, in dem wir sein wollen, diese Verschmelzung im Sexuellen, die geht ja weit über Erregung und Fortpflanzung hinaus.

Im Buch „Herausforderung Pädophilie – Beratung, Selbsthlfe, Prävention“ von Claudia Schwarze (Leiterin der Psychotherapeutischen Fachambulanz in Nürnberg) und Dr. Gernot Hahn (Leiter der Forensischen Ambulanz im Klinikum Erlangen) heißt es (1. Auflage, Seite 64):

Wer sich gerade erst mit der eigenen pädophilen Ausrichtung auseinandersetzt, den Gedanken zulässt, dass sie nun einmal da ist, der wird wahrscheinlich im Inneren doch noch die leise Frage haben, ob das wirklich einen lebenslangen Verzicht auf Nähe und Sexualität mit einem Kind bedeuten muss. Oder ob es nicht doch Wege oder Ausnahmen gibt, die eigenen Bedürfnisse auszuleben, ohne dass es dem Kind schadet. Dies Ambivalenz zwischen den Sehnsüchten einerseits und den Werten, anderen keinen Schaden zuzufügen, andererseits, ist normal. Die meisten Betroffenen werden mehr als einmal in ihrem Leben mit diesem Hin-und-her-Schwanken konfrontiert. Auch hier gilt es, eine akzeptierende Haltung einzunehmen. Beide, sich widersprechende Wünsche und Ziele sind nun einmal da, es gibt ein „Einerseits“ und ein „Andererseits“. Auch hier gilt es, diesen inneren Konflikt nicht beiseite zuschieben, sondern sich aktiv mit ihm auseinanderzusetzen.

Ich denke, dass teilweise die Perspektive darauf verloren geht, was genau nicht (legal) möglich und was in der letzten Konsequenz das eigentlich wesentliche ist. Es geht am Ende eben nicht um die Frage „Habe ich genug Sex gehabt?“, sondern, um die Frage: „Wurde ich geliebt und habe ich meine Liebe genug gezeigt?“

Sex ist zweifelsohne wichtig und erscheint wahrscheinlich nochmal deutlich wichtiger, wenn man nie Sex (mit einer anderen, begehrten Person) hatte. Aber geliebt werden und Liebe zeigen, kann man auch ohne Sex. Sicher ist es vorzuziehen, auch Sex erfahren zu dürfen, aber die Hürden hierfür sind mal mindestens hoch und für jemanden, der im engeren Sinn pädophil und nicht „nur“ hebephil ist, nochmal deutlich höher.

Da ich selbst homohebephil bin, liegt ein Aufgeben und Abschließen mit gelebter Sexualität und die Akzeptanz eines lebenslangen Verzichts für mich aus meiner Sicht nicht nahe. Es gibt ja eine (auch legale) Chance, so klein sie auch scheinen mag.

Ich fühlte mich bei den obigen Zitaten der Sterbebegleiter an zwei meiner früheren Artikel erinnert.

In einem ging es unter anderem um das biblische Gleichnis von den anvertrauten Talenten Silbergeld. Aus meiner Sicht ist die Quintessenz daraus: nicht jeder bekommt die selben Voraussetzungen und Möglichkeiten mit, aber man ist in der persönlichen Pflicht, die Möglichkeiten, die man bekommt, bestmöglich zu nutzen. Eines meiner „Talente“, ist meine Hingezogenheit zu Jungen. Die Gesellschaft erwartet von mir, dass ich dieses Talent vergeude und vergrabe. Aber was würde mir derjenige sagen, der mir das Talent anvertraut hat, wenn ich es nicht nutze?

Im anderen Artikel habe ich den Text „Vor dem Gesetz“ von Franz Kafka aus meiner besonderen Perspektive interpretiert. Die Schlussfolgerung dazu: Es gibt kein erfülltes Leben ohne Herausforderungen. Wer sich vom erstbesten Hindernis abschrecken lässt, geht daran zugrunde und verpasst das Leben. Wer ein erfülltes Leben führen möchte, sollte sich besser auf den Weg machen und sich nicht vom erstbesten Türsteher abschrecken lassen.

Für nicht-pädo/hebephile Leser, die in Panik ausbrechen, weil ich zu Beziehungen zu Kindern ermutige, verweise ich auf die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie (Is Contact with Children Related to Legitimizing Beliefs Toward Sex with Children Among Men with Pedophilia?)

Bei pädophilen Männern wird diskutiert, dass soziale Kontakte mit Kindern eine Risikosituation für sexuellen Missbrauch darstellen. Außerdem wird davon ausgegangen, dass pädophile Männer, die solche Kontakte suchen, eher Überzeugungen hegen, die sexuellen Kontakt mit Kindern legitimieren. Allerdings können soziale Kontakte auch falsche Überzeugungen verringern. Wir haben diese konkurrierenden Ansichten in einer anonymen Internetumfrage mit einer nicht forensischen, nicht klinischen Stichprobe von 104 selbst als pädophil eingestuften Männern getestet. Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl ein erhöhter sozialer als auch körperlicher Kontakt signifikant mit weniger legitimierenden Überzeugungen gegenüber Sex mit Kindern verbunden war, selbst wenn frühere Psychotherapie, Bildungsniveau, soziale Erwünschtheit und Alter berücksichtigt wurden.

In diesem Sinne: tut etwas dafür, dass ihr gute Beziehungen aufbaut und eure Liebe zeigen könnt. Dann kommt auch Liebe zurück.

Oder wie es die Beatles ausdrücken würden: „And in the end the love you take is equal to the love you make” (deutsch: Und am Ende entspricht die Liebe, die du bekommst, der Liebe, die du gibst.)

Es muss im Übrigen auch nicht absolut zwingend ein Junge (oder Mädchen) sein. Auch Beziehungen zu anderen Menschen oder auch Tieren können das Leben bereichern. Hierzu verweise ich auf den Gastbeitrag eines BLs (Jungenliebhabers), der „auf den Hund“ gekommen ist.

Leitender Oberstaatsanwalt bekennt sich zur Verfolgung Pädophiler

Im Spiegel erschien vor gut einer Woche ein Artikel, der die Auswirkungen der letzten Strafverschärfung diskutiert, mit der Kinderpornographie-Delikte von einem Vergehen zu einem Verbrechen hochgestuft wurden. Geschehen ist dies durch die Anhebung der gesetzlichen Mindeststrafe auf 1 Jahr.

Es gibt aber auch weitere Folgen:

  • Verfahren mit geringem Unrechtsgehalt können nicht mehr eingestellt werden
  • die Verfahren werden nicht von Einzelrichtern, sondern von Schöffengerichten bearbeitet. Es werden also drei Personen auf der Richterbank benötigt, statt einer.
  • eines Verbrechens Angeklagte haben immer Anspruch auf die Bestellung eines Pflichtverteidigers

Eine der Folgen ist die Überlastung des Systems. Dazu wird im Spiegel der leitende Oberstaatsanwalt Florian Kienle aus Mosbach zitiert:

Wenn im Fall der 22-jährigen die gleiche Ermittlerarbeit betrieben werde, wie in gravierenden Fällen, dann schließe er die Gefahr nicht aus, dass die Verfolgung echter Pädophiler darunter leide.

Der Spiegel lässt das unkommentiert stehen.

Im gleichen Artikel kommt ein Richter zu Wort, der eine Richtervorlage beim Verfassungsgericht eingereicht hat, weil er das Gesetz für verfassungswidrig hält:

Nach Ansicht des Richters handelte die Mutter im von ihm vorgelegten Fall nicht aus pädosexueller Motivation, sondern aus Verärgerung und zur Warnung.

Auch das lässt der Spiegel so stehen.

Auf tagesschau.de erschien wiederum heute ein Artikel, mit dem unter der Überschrift „Datenspeicherung gegen die Dunkelziffer“ für die (in allen bisherigen Anläufen vor dem Verfassungsgericht gescheiterten) Vorratsdatenspeicherung geworben wird.

Dabei wird der Präsident des Bundeskriminalamts Holger Münch zitiert:

Ermittlungen zu Verbrechen aber können nicht aus Geringfügigkeit eingestellt werden. So gelangen etwa auch Klassenchats in das Raster der Fahnder, bemängelt BKA-Chef Münch.

Eine andere Einstufung würde der Polizei und der Justiz ein differenziertes Vorgehen ermöglichen, meint Münch. Es stehe dabei die Frage im Raum, hinter welchem Hinweis tatsächlich eine pädophile Tat zu sehen sei. „Und wo wurde ein Inhalt nur geteilt, etwa aus kindlicher Naivität oder aus elterlicher Sorge?“

Wir haben also

  • die Verfolgung „echter Pädophiler“ als Ziel eines leitenden Oberstaatsanwalts
  • eine „pädosexuelle Motivation“ als Kennzeichen von Strafwürdigkeit aus der Sicht eines Richters
  • „pädophile Taten“ als neuen Straftatbestand aus der Sicht des Präsidenten des Bundeskriminalamts.

Wie soll ein Mensch, der eine auf ein kindliches Körperschema gerichtete sexuelle Orientierung hat, das interpretieren? Die Aussagen stellen sich als Komponenten eines umfassenden, gegen Pädophile gerichteten Feindstrafrechts dar, das in den Köpfen bereits angekommen ist, sich aber auch seinen Weg in die Paragraphen bahnt. Ein Beispiel dafür ist aus meiner Sicht die Kriminalisierung des Besitzes von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild, also letztlich die Kriminalisierung der Selbstbefriedigung von Pädophilen mit einem dafür vorgesehenen Hilfsmittel.

Für mich bewegen sich die obigen Zitate und die Medienberichterstattung auf dem Niveau von Volksverhetzung. Nicht nur kommt der Abscheu und der Verfolgungswille gegen Pädophile als solche zum Ausdruck, der Leser muss auch den Eindruck gewinnen, dass „echte Pädophile“ grundsätzlich Verbrecher gegen Kinder sind.

Strafgesetzbuch (StGB) – § 130 Volksverhetzung

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder

2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Leider sehe ich zur Zeit keine realistische Chance einer effektiver Rechtsverfolgung gegen diese Art der Hetze.

Ein krasses Missverhältnis

Heute berichtete der Spiegel, dass die Niederlande Sterbehilfe für Kinder ermöglichen wollen.

Aus dem Artikel:

Wie die Regierung in Den Haag am Freitag mitteilte, betrifft die Neuregelung eine »kleine Gruppe« von pro Jahr fünf bis zehn Kindern unter zwölf Jahren, »bei denen die Möglichkeiten der Palliativmedizin nicht ausreichen, um ihr Leiden zu lindern«. (…) Bereits jetzt können Kinder, die älter als zwölf Jahre sind, in den Niederlanden Sterbehilfe beantragen. Bis zum Alter von 16 Jahren ist dafür die Zustimmung der Eltern erforderlich. (…) Mit den Änderungen für Kinder zwischen einem und zwölf Jahren ziehen die Niederlande nun mit Belgien gleich: Das Nachbarland verabschiedete 2014 als weltweit erstes Land ein Gesetz, das Sterbehilfe bei Kleinkindern erlaubt – allerdings nur mit Zustimmung des Kindes.

Die Fähigkeit zur Zustimmung zum eigenen Tod wird Kindern also zugetraut und unter bestimmten Bedingungen auch zugebilligt.

Im Gegensatz dazu wird Kindern und Jugendlichen unterhalb einem bestimmtem Alter (in Deutschland Personen unter 14, in der Niederlande Personen unter 16) unter keinen wie auch immer gearteten Umständen zugetraut oder zugebilligt, ihre Zustimmung zu einer sexuellen Handlung mit einer Person über einem bestimmten Alter zu geben.

Für mich zeigt sich hier ein grobes Missverhältnis.

Wer einer Person die hochpersönliche Entscheidung über die Beendigung des eigenen Lebens zubilligt, eine Entscheidung, die die schwerwiegendsten denkbaren Konsequenzen überhaupt hat, kann derselben Person nicht legitim die hochpersönliche Entscheidung, mit wem sie Sex haben will, verbieten.

Falsche, ideologisch bestimmte Narrative

Wer die Narrative der „Kinderschützer“ glaubt, könnte natürlich einwenden, dass Kinder nie und unter keinen Umständen jemals Sex mit Erwachsenen haben wollen. Prof. Klaus Michael Beier vom Projekt „Kein Täter werden“ behauptete z.B. 2007 in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung „Kein Kind möchte Sex mit Erwachsenen haben.“

Das ist allerdings lediglich eine moralistische Theorie, die nichts mit Wissenschaft und erst recht nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Einige Belege aus dem wirklichen Leben …

#1 – Ein Beitrag im Forum gutefrage.net :

Wie mache ich dem Staatsanwalt klar, dass ich kein Verfahren gegen den 18 Jährigen wünsche mit dem ich mit 13 was hatte?

Das war vor 12 Jahren inzwischen bin ich längst erwachsen ich fühle mich nicht als Missbrauchsopfer das war alles einvernehmlich

Bin mit meinem Ex von damals noch immer befreundet weder lasse ich zu, dass er verknackt wird noch lasse ich mich als bi zwangsouten

Wie finde ich raus wer die alte Geschichte ohne mich zu fragen angezeigt hat damit ich den zur Rede stellen kann?

Ich würde eher alles abstreiten als private Details in einer Verhandlung mit Zuschauern zu erzählen

#2 – Gad Beck (schwuler Holocaust-Überlebender) über seine erste Liebe im Alter von 12 Jahren im Dokumentarfilm § 175:

Für mich fing plötzlich der Sport an im Mittelpunkt meines Lebens zu stehen. Es war ein zweiter Magnet, war ein blonder, jüdischer blonder Sportlehrer da. Na sowas! Ganz schlank und ganz ganz sportlich und schön. Und er nahm mich mit in die Dusche „jetzt dusch dich“ und ich duschte mich und er duschte sich – und ich sprang ihn an. Das ist genau das Gegenteil von dem, was man den bösen Lehrern nachsagt, die Päderasten sein sollen. Ich sprang ihn an. Ich stürzte nach Hause zu meiner Mutter und sagte „Mutti, ich habe heute meinen ersten Mann gehabt.

Die TAZ schrieb 1997 dazu in dem Artikel „Mit geliehener HJ-Uniform„:

Mit zwölf hat er nach dem Duschen seinen Sportlehrer überrumpelt. Ihn überkam die Lust, er gab ihr nach und schmiegte sich an den jungen Lehrer, der die Einladung schweigend annahm. Zu Hause erzählte er der Mutter, was Schönes geschehen war. Gad Beck, 74 Jahre alt, erinnert sich heute belustigt an sein naives Geständnis. Die Mutter nahm’s gelassen. Ob wohl die Seppl-Puppe im Bett des Sprößlings schuld war, überlegte sie noch, dann war die Sache erledigt. Es ging tolerant zu im Hause Beck.

#3 – Ein schwuler Journalist in einem (negativen, verdammenden) Artikel über seinen pädophilen Onkel:

Der Besuch bei meinem Onkel hat mich viel über meine eigene Sexualität nachdenken lassen. Ich bin schwul und habe schon mit 12 oder 13 Jahren begonnen, mich für Männer zu interessieren. Was hätte ich getan, wenn der Bekannte meines Stiefvaters, dessen Oberarme ich mir gerne anschaute, oder der Vater einer Freundin, an dessen Brustbehaarung ich dachte, wenn ich mich selbst befriedigte, Sex mit mir hätte haben wollen? Ich glaube nicht, dass ich Nein gesagt hätte.

#4 – Ein schwuler Senior bei einer Podiumskonferenz zum Thema Pädophilie:

Als ich dreizehn war und die Sexualität entdeckte, war ich ständig auf der Suche nach jemandem, mit dem ich ins Bett gehen konnte. Und irgendwann habe ich das gefunden. Er war vierzig Jahre alt und es war großartig. Das war so wichtig für mich.

#5 – Der schwule 86-jährige klinische Psychologe Harold Kooden in einem Interview:

Mein Name ist Harold Kooden, und ich wurde in Chicago geboren. Wir zogen nach Kalifornien, nach North Hollywood, Kalifornien.

Als ich etwa elf Jahre alt war, entdeckte ich zufällig in einem der Klos im örtlichen Park ein paar Männer, die dort Dinge zu tun schienen, die mich wirklich interessierten. Also fing ich an, dorthin zu gehen, ich fuhr mit dem Fahrrad zu den Klos und lernte verschiedene Männer kennen, und ich wusste nur, dass man immer nur auf ein Klo geht, um jemanden kennenzulernen. Damals hatte ich noch nicht einmal einen Namen dafür, es war einfach etwas, das ich gerne tat und gerne mit mir machen ließ.

Mit vierzehn Jahren war ich in der 10. Klasse der High School. Eines Abends war ich mit meinem Bruder und meiner Schwester und ihrem Verlobten unterwegs. Ich erinnere mich, dass ich den ganzen Tag über sehr geil war. Als wir nach Hause kamen, schwang ich mich so schnell wie möglich auf mein Fahrrad und fuhr los, etwa eine Meile weit, in den Park. Ich sah einen Mann, der in der Nähe stand, und ging in den Park. Ich hatte mein Fahrrad stehen lassen. Ich ging weiter, und nach etwa fünf Minuten war er mir gefolgt und fing an, mit mir zu reden. Wir gingen weiter und unterhielten uns, und dann schlug er vor, dass wir uns auf eine Parkbank setzen sollten. Das war jetzt mitten im Park, so dass es ziemlich abgelegen war. Er fing an, mit mir zu reden und mir viele Fragen zu stellen, z. B. wie lange ich das schon mache, und dieses Gespräch ging weiter und weiter, und wenn er nicht attraktiv gewesen wäre, wäre ich aufgestanden und einfach weggegangen. Also beschloss ich, dass es für mich an der Zeit war, erwachsener zu werden und die Dinge sozusagen selbst in die Hand zu nehmen. Also griff ich zu ihm hinüber und betatschte ihn. Daraufhin hat er mich verhaftet und gesagt, er sei von der Sitte und ich sei jetzt verhaftet. Wir wurden auf die Polizeiwache gebracht, und damit begann das Verhör, denn sie wollten viele Informationen, denn sie hatten hier ein vierzehnjähriges Kind, und wenn ich ihnen die Namen von Leuten hätte nennen können, wäre das ein echtes Kopfgeld für sie gewesen.

Nachdem meine Mutter mich auf der Polizeiwache abgeholt hatte und wir nach Hause fuhren, sagte sie: „Wenn du so etwas noch einmal machst, bringe ich mich um.“

Die Reaktion der Mutter von Harold Kooden steht übrigens im krassen Gegensatz zur Reaktion der Mutter und Familie von Gad Beck, der über sein eigenes Outing in einem Interview berichtete:

Ich komme nach Hause: „Mutti, ich habe meinen ersten Mann gehabt.“ Mutter blieb sitzen mit offenem Mund und ging sofort außer Haus. Später hab ich das herausbekommen, sie ging zu ihren Schwestern. Nun musste die Familie sich doch beraten. Kommt zurück – und das ist das wunderschöne oder das große Glück, das mich getroffen hat mit dieser Familie – sagt: Junge, wir sind dran schuld. Dein Vater hat vor zwei Jahren von der Leipziger Spielwarenmesse dir einen Seppl mitgebracht, eine Männerpuppe! Und die haben wir dir ins Bett gelegt. Du bist ja zwei Jahre schon mit einem Mann im Bett gelegen!“ Sie haben die Schuld auf sich genommen. Und die ganze Familie wiederum suchte nun wiederum „Gott haben wir ein interessantes Mitglied in der Familie, endlich mal was anderes. Und die Tanten kamen dann noch „Hach, hast du wieder einen schönen Freund. Der neulich war nicht so schön, muss ich dir sagen.“ Also die spielten das Spiel gleich mit. Ich bin heut der Meinung für alle die, die so empfinden: outen, outen, outen, wenn es geht in der Zeit der Familie. Die Familie steht hinter einem wie ein Koloss! Problemlos. Für mich gab’s dann keine Probleme mehr.

#6 – Der DSDS Gewinner Mark Medlock im Interview mit hinnerk, dem Schwulen Stadtmagazin seiner Heimatstadt Hamburg:

Hinnerk: Verrätst du uns, wie dein Coming-Out gelaufen ist ?

Mark: Mit acht habe ich mir einen etwa 32-Jährigen im Schwimmbad geschnappt. Der hatte einen knackigen Arsch, war gut gebaut und ich bin voll auf ihn los, habe da mein kleines Spiel mit ihm abgezogen.
Mit 16 habe ich zum ersten Mal einen Mann geküsst und dabei drei Mal den Kerzenständer umgekickt. Und kurz bevor meine Mutter gestorben ist, bin dann zu meinen Eltern gegangen und habe gesagt: „Papa, du wolltest sowieso immer ein Mädchen haben – und dein Mädchen hat jetzt einen Schwanz. Lebt damit, ich weiß, dass ihr mich liebt“. Mein Vater wollte eigentlich, dass ich das nicht in die Welt hinaus trage, aber ich habe es trotzdem getan. Ich kann mich dadurch nur stärken, die Leute sollen mich so respektieren, wie ich bin.

#7 – Aus der Berichterstattung über einen Kriminalfall:

„Es war eine Lie­bes­be­zie­hung. Aber eine un­ge­wöhn­li­che“, sagte Rich­te­rin Alex­an­dra Sy­kul­la. Der An­ge­klag­te starr­te be­schämt zu Boden. (…) Vor Ge­richt ge­stand Da­ni­el B., sprach aber von einer Lie­bes­be­zie­hung, die auf In­itia­ti­ve des [zu Beginn 13-jährigen] Jun­gen ent­stand. „Sexuellen Kontakt gab es erst, als der Junge 14 Jahre alt war“, ließ der Ex-Politiker durch seine Anwältin Susanne Renner (39) erklären. Tim S. [das „Opfer“] be­stä­tig­te diese Darstellung unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

#8 – Jorge Gonzales, Laufsteg-Coach bei „Germany’s next Topmodel“ im Interview mit dem Focus:

Dass er dem männlichen Geschlecht zugeneigt ist, wusste der Kubaner dafür umso früher: „Ich war fünf, als ich zum ersten Mal in die High Heels meiner Mutter stieg. Zur gleichen Zeit entdeckte ich, dass ich andere Interessen hatte als die anderen Jungs. Ich beschäftigte mich lieber mit den Kleidern meiner Cousinen, als Fußball zu spielen. Als ich neun war, flüsterte meine Oma mir zu: Egal was die anderen sagen, du bist gut so, wie du bist.“

Die erste große Liebe ließ da nicht lange auf sich warten: „Mit dreizehn hatte ich meinen ersten richtigen Freund. Er war 21, ein Spanier, der auf Kuba gearbeitet hat. Ich schwindelte ihm vor, ich sei 16, was er mir abnahm. Mit ihm hatte ich mein erstes Mal.“

[Dieses Beispiel wurde aufgrund eines Hinweis von Stefan B in den Kommentaren nachträglich ergänzt.]

Laut „Prof. „Kein Kind möchte Sex mit Erwachsenen haben.“ Beier gibt es diese Menschen nicht. Die Wirklichkeit spielt für ihn keine Rolle. Dafür kann es zwei Ursachen geben. Die Grundlage ist dabei die gleiche:

Die in der Welt vorhandenen Informationen übersteigen die menschlichen Verabeitungskapazitäten. Entsprechend werden sie bereits von den Sinnesorganen und auch vom Gehirn massiv gefiltert und verändert. Der subjektiv wichtige Teil der Wahrnehmungen bleibt im Gedächtnis. Mit der Zeit werden Muster erkannt und aus diesen Regeln abgeleitet. Es entsteht eine mentale Repräsentationen der individuell relevanten Ausschnitte der Welt. Die erlernten Schemata prägen die Wahrnehmung und ihre Deutung vor. Wir sehen die Welt in den Bilder, mentalen Repräsentationen und Konzepten, die wir über lange Zeit verinnerlicht haben. Was nicht in die verinnerlichten gedanklichen Muster passt, wird zunehmend nicht mehr gesehen. Die (ohne bewusste Anstrengung) wahrnehmbare und denkbare Realität wird reduziert. Die Reduzierung erleichtert Orientierung und Handeln und ist zugleich identitätsbildend. Das ist oft nützlich, kann aber auch gefährlich werden.

Ein Sektenanhänger, ein Trump-Fan oder ein Putin-Freund ist nicht notwendigerweise dumm, er hat aber erlernte Vorstellungen von der Welt, die ihn die Welt so sehen und verstehen lassen, wie er sie sieht. Ein Angriff auf diese eingeschränkte Wahrnehmung und das dadurch aufrecht erhaltene Weltbild fühlt sich für ihn dann leicht auch wie ein Angriff auf seine Identität bzw. auf ihn selbst als Person an. Trotzdem müssen falsche Wahrnehmungen und Narrative klar benannt und möglichst sachlich und nachvollziehbar sichtbar gemacht werden, damit eine Chance besteht, die Fehlwahrnehmungen und Fehlvorstellungen aufzulösen.

Der Glaube „Kein Kind möchte Sex mit Erwachsenen haben.“ hat etwas sektenhaftes. Er steht nachweislich im Gegensatz zur Wirklichkeit, ist für „Kinderschützer“ aber zugleich auch identitätsstiftend und eine der Grundlagen ihres Weltbildes. Sie haben es in den späten 80er und 90er Jahren geschafft, den Blick der Öffentlichkeit auf die Wirklichkeit so zu verengen und zu formen, dass in der allgemeinen Wahrnehmung heute jede sexuelle Handlung mit einem Kind sexuelle Gewalt ist, fürsorgliches Verhalten verliebter Pädos als hinterlistige, bösartige Manipulation gilt und sich niemand vorstellen mag, dass es Kinder geben könnte, die Sex mit Erwachsenen haben möchten. Darüber zu diskutieren unterliegt einem Tabu und wird mit der gesellschaftlichen Ächtung als „Pädophilenversteher“ bedroht.

Es ist möglich, dass Prof. Baier tatsächlich nicht in der Lage ist, die Wirklichkeit zu erkennen, weil seine Wahrnehmung zu sehr verengt ist, dass die Wirklichkeit in diesem Fall einfach nicht mehr zu ihm durchdringt. Es ist aber auch möglich und scheint mir überwiegend wahrscheinlich, dass er funktional einer der Sektenführer ist. Dass er die Realität zwar erkannt hat, aber etwas anderes predigt, weil es ihm aus eigennütziger Berechnung (sein Ansehen basiert auf der Wahrnehmung als Präventionspapst) oder aus gut gemeintem Vorsatz (Kinder als Gruppe stärker zu schützen, indem er keine Ambiguitäten zulässt) sinnvoll oder nützlich erscheint.

Die allgemeine Wahrnehmungsverzerrung ist wahrscheinlich nur schwer zu beseitigen. Sie ist identitätsstiftend und durch Tabus geschützt. Aber sie ist schädlich. Und deshalb bleibt einem nichts anderes übrig, als beständig das, was weiß ist, als weiß zu benennen und das, was schwarz ist, als schwarz zu benennen.

Wer immer wieder vor Augen gehalten bekommt, was ist, hat immer wieder neue Chancen es zu erkennen. Zwar nicht bei allen aber doch bei vielen Menschen kann das zu einem Umdenken beitragen. Wenn genug Menschen anders denken, werden die Fehlrepräsentationen vermehrt und schließlich auch öffentlich hinterfragt. Dann fangen sie an zu zerbröseln. Der selbsterhaltende Teufelskreis der Projektion und Weitergabe der Fehlrepräsentation zerbricht und die Wahrnehmung der Welt ändert sich.

Systematisches Versagen im Kinderschutz

Im Februar und März erschienen Artikel in zwei deutschen Leitmedien, die jeweils ein Schlaglicht auf einen spezifischen Aspekt des gesamtgesellschaftlichen Versagen im Kinderschutz werfen.

Fehlallokation von Aufmerksamkeit und Ressourcen – wer nicht aus dem richtigen Grund leidet, wird allein gelassen.

In „Studie zu psychischer Gewalt – Die häufigste Form der Misshandlung“ berichtet die Seite Tagesschau.de:

Laut einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten Studie, an der White beteiligt war, ist emotionale Gewalt die häufigste Form der Misshandlung von Kindern und Jugendlichen. „Unsere beiden wichtigsten Erkenntnisse sind, dass emotionale Misshandlung nicht nur am öftesten vorkam in unserer Stichprobe, sondern auch die schwerwiegendsten Folgen für die psychische Gesundheit der Kinder hatte. (…) UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, geht davon aus, dass emotionale Gewalt oder Vernachlässigung die verbreitetste Form ist und jedes dritte Kind weltweit davon betroffen ist. (…) Angesichts der Studienergebnisse wünscht sich White vor allem eins: mehr Aufmerksamkeit für das Thema. Das gelte einerseits für die breite Öffentlichkeit: Denn während Schläge und sexueller Missbrauch sehr oft thematisiert werden und es zahlreiche Hilfsangebote gibt, findet psychische oder emotionale Gewalt wenig öffentliche Beachtung, etwa in Medienberichten oder Beratungsstellen für Eltern.

Weil man es zu leicht überliest, nochmal herausgestellt: emotionale Gewalt kam am häufigsten vor und hatte die schwerwiegendsten Folgen für die psychische Gesundheit der Kinder.

Mit emotionaler Gewalt sind Dinge gemeint wie Demütigungen, Herabsetzungen, Erniedrigungen durch Worte, Einschüchterung, ständiges Anschreien oder Angstmachen, Drohungen, Liebesentzug, offene Verachtung, Isolierung oder emotionale Kälte.

Medial findet emotionale Gewalt gegen Kinder aber so gut wie gar nicht statt. Im Strafgesetzbuch schon gar nicht. Fast alles an Aufmerksamkeit und Ressourcen wird vom „totalen Krieg“ gegen „sexuelle Gewalt“ gegen Kinder gefressen.

In Hinblick auf die Häufigkeit wird im Artikel dieses Schaubild präsentiert, das verdeutlicht, dass viele Betroffene auch Opfer verschiedener Missbrauchs- und Misshandungsformen gleichzeitig sind:

Geteilt via tagesschau.de

Etwas problematisch an dem Schaubild ist, dass sexuelle und körperliche Gewalt zusammengefasst sind. Wenn man in die (auch im Tagesschau-de Artikel verlinkte Studie) schaut findet man dieses Schaubild:

Von allen Betroffenen waren also 81% Opfer von emotionaler Gewalt, 64 % von Vernachlässigung und 42.2 % von Sexueller und körperlicher Gewalt. Die Anteile zu sexueller und körperlicher Gewalt sind in der Tabelle 1 der Studie weiter aufgeschlüsselt. Sexuelle Gewalt kam danach bei 13.4 % der Fälle vor, körperliche Gewalt bei 35 %.

Die 13.4 % der Fälle erhalten fast 100% der Aufmerksamkeit. Sexueller Kindesmissbrauch wird inzwischen regelmäßig in den Medien zur Pandemie und Gesundheitskatastrophe erklärt, inklusive der gebetsmühlenartigen Behauptungen wie „immer mehr“, „immer jünger“, „immer brutaler“. Tatsächlich sind die Zahlen zu sexuellem Kindesmissbrauch aber lt. Kriminalstatistik seit Jahrzehnten im wesentlich unverändert bis leicht rückläufig.

Damit ist der erste Artikel oberflächlich gesehen ausgewertet. Die Haupterkenntnis ist, dass die 81% der Opfer von Misshandlung, die am meisten unter den Taten leiden, vergessen und allein gelassen werden. Soweit der Erkenntnishorizont der Tagesschau. Die Forderung ist: mehr Bewusstsein schaffen. Das ist natürlich zu unterstützen. Nicht wirklich erkannt ist aber, dass die 81% nicht zuletzt deshalb allein gelassen werden, weil man völlig (und in ungesunder Weise) auf die 13.4% Prozent fixiert ist.

Natürlich könnte man sich wünschen, dass zu den 100% Aufmerksamkeit für Opfer von „sexueller Gewalt“ noch 100% Prozent Aufmerksamkeit für Opfer emotionalen Missbrauchs hinzukommen könnten. Aber Aufmerksamkeit und auch Geld sind knappe Güter. Mehr als 100% gibt es nicht, bzw. lässt sich in der Realität nicht durchhalten. Wenn man möglichst viel erreichen will, muss man die Mittel, die vorhanden sind, ausgewogen und der objektiven Notwendigkeit entsprechend verteilen. Heute geschieht dies nicht.

Ein weiterer Aspekt, der im Grunde auch langsam bereits zum Thema des zweiten Artikels überleitet, ist, dass das tatsächliche Problem „sexueller Gewalt“ in Wirklichkeit kleiner ist, als die 13.4 % Opferanteil suggerieren. Laut der inzwischen durch Lobbyisten weltweit durchgesetzten Definition ist mit „sexueller Gewalt“ jede sexuelle Handlung an oder mit einem Kind gemeint. Die Meinung und das subjektive Erleben des Kindes ist dabei völlig unerheblich und interessiert den „Kinderschutz“ nicht. Dabei ist sie eigentlich entscheidend, wenn es wirklich um das Kindeswohl geht.

Eine für die Bevölkerung repräsentative (!) nationale dänische Studie hatte zum Ergebnis, dass sich bei Fällen eines sexuellen Kontakts mit einer Altersdifferenz von mehr als 5 Jahren 35 % der betroffenen Jungen „definitiv“ oder „vielleicht“ missbraucht fühlte, 65 % fühlte sich nicht missbraucht. Bei den Mädchen fühlten sich 39.5 % „definitiv“ oder „vielleicht“ missbraucht, 60.5 % fühlten sich nicht missbraucht. Die Ergebnisse für Dänemark dürften auf Deutschland und andere europäische Länder übertragbar sein.

Diesen Kindern muss nicht etwa dringend beigebracht werden, dass sie ganz furchtbar geschädigt wurden, ihre Seele nun eigentlich tot ist und sie realistischerweise jede Hoffnung auf ihr Lebensglück fahren lassen sollten. Tut man es doch, dann ist das nichts anderes, als eine (bisher leider kaum erkannte) Sonderform von emotionalem Kindesmissbrauch.

Um dies zu erkennen, muss man keineswegs der Meinung sein, dass es auch akzeptable sexuelle Interaktionen zwischen Erwachsenen und Kindern geben kann, sondern einfach nur ein objektives Interesse am Wohlergehen der Kinder haben und den möglicherweise vorhandenen eigenen subjektiven Schrecken oder Ekel im Interesse der Kinder zurückstellen. Hierzu ein kurzes Zitat von Fr. Prof. Dr. Michaela Pfundmair (lehrt Sozialpsychologie an der LMU München) aus einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung:

Als beste Schutzfaktoren bei sexuellen Übergriffen hat sich in der Forschung unter anderem herauskristallisiert, zu Kontrollüberzeugungen zu gelangen, Optimismus beizubehalten, wichtige Bindungen aufrechtzuerhalten – aber auch so etwas wie die externale Attribution der Schuld, also sich klar zu machen, dass man selbst nicht für das Geschehene verantwortlich ist. Natürlich sind auch Psychotherapien eine Möglichkeit. Vielleicht aber haben viele der Betroffenen keine „seelische Erschütterung“ erfahren. Dann sollte man das auch nicht weiter aufbauschen. (…) Tatsächlich kann Missbrauch in der Kindheit das Risiko für eine Vielzahl psychischer Störungen erhöhen – aber: die Zusammenhänge sind im Allgemeinen schwach bis mäßig ausgeprägt. Das heißt, Missbrauch ist nur ein unspezifischer Risikofaktor. Der Anteil symptomfrei bleibender Betroffener wird auf etwa 40 Prozent geschätzt.

Wer sich nicht missbraucht fühlt oder durch einen Missbrauch keine seelische Erschütterung erlebt hat, bleibt in der Regel symptomfrei. Indoktriniert man jemandem, um ihm vor Augen zu führen, wie schrecklich er geschädigt wurde, so hat das massive negative Konsequenzen für den Betroffenen. Um diese Art von Opfer-Indoktrination und ihre Konsequenzen für die dadurch Geschädigten geht es im zweiten Artikel.

Opfer-Indoktrination

Der Spiegel-Artikel „Vermeintliche Opfer ritueller Gewalt – Im Wahn der Therapeuten“ thematisiert dabei allerdings ausschließlich die Behandlung angeblicher ritueller Gewalt. Sichtbar wird deshalb im Grunde nur die Spitze eines Eisbergs: ein kleiner Teilbereich des großen Feldes (sexueller) Missbrauch, bei dem der Missbrauch mit dem Thema Missbrauch und der dadurch angerichtete Schaden besonders leicht zu erkennen ist – aber trotzdem bisher weitgehend ignoriert wurde.

Auszüge aus dem Artikel zum individuellen Schicksal einer Betroffenen:

Im Frühjahr 2018 versucht Malin Weber, ihr Leben in den Griff zu bekommen, nicht zum ersten Mal. Sie ist zu der Zeit 27 Jahre alt und will eine schwierige Trennung verarbeiten. Ihre Kindheit sei schwierig gewesen. Ohrfeigen vom jähzornigen Stiefvater. Mit elf, sagt sie, habe der Vater eines Freundes sie missbraucht. In der fünften Klasse begann sie stark zu stottern. Das Gymnasium habe sie ohne Abschluss verlassen.

Später kommt sie in therapeutischen Wohngruppen unter, in Gastfamilien, psychiatrischen Kliniken. Weber sagt, sie habe sich selbst verletzt, sei depressiv gewesen, zeitweise suizidgefährdet. Sie lebt von Hartz IV. 2015 heiratet sie, doch ihr Mann habe getrunken und sei gewalttätig geworden. Nach drei Jahren ist die Ehe am Ende.

Davon will sich Weber im Gezeiten Haus nahe Köln lösen, einer Privatklinik mit Schwerpunkt Traditionelle Chinesische Medizin. Sie leidet unter Schlafstörungen, isst wenig, wirkt abwesend. Das größte Handicap ist ihr Stottern. Unter Stress bringt sie kaum ein Wort heraus. Weber erinnert sich: »Die Therapeutin dort meinte, hinter meinen Symptomen müsse noch mehr stecken.« Mit der Verdachtsdiagnose »Dissoziative Identitätsstörung« verweist man sie an eine angebliche Traumaexpertin. (…)

Im Juni 2018 betritt Malin Weber zum ersten Mal die Praxis von Jutta Stegemann in Münster. Nach eigener Auskunft arbeitet die approbierte psychologische Psychotherapeutin seit 20 Jahren mit »Überlebenden ritueller Gewalt«. Stegemann führt auch die entsprechende Beratungsstelle beim Bistum Münster.

Barsch und autoritär habe Jutta Stegemann auf sie gewirkt, sagt Weber. Ihre traumatische Trennung sei »schnell gar kein Thema mehr« gewesen. »Es ging nur um den Satanismus.« Vor dem Familiengericht wird Weber sagen, sie hätte durch ihre Therapeutin »zum ersten Mal davon erfahren, was passiert sein soll«. Gemeint ist der angebliche satanische Missbrauch.

In der seriösen Traumatherapie geht es darum, Klienten zu stabilisieren und sie gegen Erinnerungsschübe zu wappnen. Ihre Therapeutin hingegen, so schildert es Weber, habe von ihr verlangt, wieder und wieder Bilder des vermeintlichen Missbrauchs in sich aufsteigen zu lassen, an den sie keine Erinnerung gehabt habe.

Mit bunten Steinen soll sie ihre »Innenpersönlichkeiten« aufstellen und ihnen Namen geben. Davon hat Weber noch ein Foto. Als »Erinnerung« notiert sie: ein Mädchen, das von einer Hohepriesterin zum Altar geführt wird, »ich musste folgen«, Glockenklänge, ein Messer, Blut spritzt – genau wie in einem Buch beschrieben, das sie auf Stegemanns Anweisung durchgearbeitet habe. Die Therapeutin habe das als »Durchbruch« gefeiert.

Stegemann habe ihr erklärt, sie sei in den kultischen Kreis hineingeboren worden und verfüge über Geheimwissen. Ihr schweres Stottern resultiere aus einem Redeverbot durch die Kult-Obersten, Logopädie sei sinnlos. Ohne dass sie sich dessen bewusst sei, werde sie bis in die Gegenwart gefoltert und missbraucht. Um ihre hierfür geeigneten »Persönlichkeitsanteile nach vorne zu holen«, benutzten die Täter etwa Musik aus einem Autofenster. Es könne passieren, dass sie sich dann in das Auto setze und zu Ritualen abtransportiert werde.

Um sich dagegen wehren zu können, habe Stegemann gesagt, müsse Weber alle ihre »Innenpersönlichkeiten« miteinander versöhnen. Therapiedauer: bis zu zehn Jahren.

Der SPIEGEL hat Jutta Stegemann zu einem Gespräch getroffen. Drei Stunden lang doziert sie über »Mind-Control« und »Innenpersönlichkeiten«, erwähnt dabei den Auschwitz-Arzt Josef Mengele, den belgischen Kinderschänder Marc Dutroux, den Campingplatz in Lügde. Folgt man Stegemann, stecken hinter allem satanistische Täterkreise. Sie spricht von einem Chirurgen, der Chips aus den Körpern der Opfer entferne – mit denen ihre Missbraucher sie orteten.

Fragt man die Therapeutin nach ihrer ehemaligen Klientin Malin Weber, muss man ihre Antwort so verstehen, als hätten die Täter Weber auf Stegemann angesetzt, um sie zu stoppen – weil sie zu gute Arbeit leiste.

(…)

Im Rückblick ist das ihre bitterste Erkenntnis: Wie manipulierbar sie war und wie leichtgläubig. Wie sie nach einer gescheiterten Ehe Halt bei einer Therapeutin suchte und sich stattdessen von ihr in eine paranoide Scheinrealität ziehen ließ. In einen psychischen Abgrund, ohne Hoffnung auf ein eigenständiges Leben. Erzählen kann Malin Weber das heute nur, weil sie es schaffte, sich aus eigener Kraft aus diesem therapeutischen Wahngebilde zu befreien. Diese Stärke, das ahnt sie, besitzen viele andere nicht.

Noch immer kämpft sie gegen innere Bilder an, die in ihr hochsteigen: dunkle Gestalten in Kutten, Messer, Blut – alles Scheinerinnerungen, entstanden in 83 Therapiesitzungen, bezahlt von ihrer Krankenkasse. Ohne sich dessen bewusst zu sein, so habe es ihre Therapeutin ihr suggeriert, stehe sie im Bann eines Satanskults. Ein Täterkreis, angeführt von ihrem Stiefvater, habe sie in ihrer frühen Kindheit mental programmiert, um sie ein Leben lang in Ritualen missbrauchen zu können. Quer durch die Republik spannte sich das Netzwerk von Satansjüngern, und noch immer hätten diese die Kontrolle über sie, davon war die Therapeutin überzeugt.

Um sich aus dem Kult lösen zu können, müsse Weber sich an alles erinnern, mit ihrer Hilfe.

Je länger die Therapie dauerte, sagt Malin Weber heute, desto schlechter habe sie sich gefühlt. Manchmal sei sie nach den Sitzungen in ihrer Wohnung zusammengebrochen. Zu der Zeit, sagt sie, habe sie selbst geglaubt, der Kult habe sie in seiner Gewalt.

Weber ging zu jener Zeit nicht mehr allein vor die Tür – aus Angst, sie könnte von den Tätern entführt werden. Auf Anweisung ihrer Therapeutin habe sie Kontakte zu Freunden und Familie abgebrochen. Sie schaltete ihr Handy aus, um nicht geortet zu werden. Zeitweise glaubte sie, mindestens acht Persönlichkeiten führten in ihr ein Eigenleben.

Heute weiß Malin Weber, dass sie tatsächlich schwer traumatisiert wurde – nicht durch satanistische Rituale, sondern durch die angebliche Traumatherapie.

(…)

Anfang 2020 kehrt Malin Weber aus einem Urlaub zurück, ungeplant schwanger. »Das stärkste Gefühl war Freude«, sagt sie. Aber auch Angst – vor der Reaktion ihrer Therapeutin. Als Jutta Stegemann von der Schwangerschaft erfährt, habe sie versucht, Weber weiszumachen, das Kind sei bei einer Massenvergewaltigung durch Kultanhänger entstanden. Das Ungeborene schwebe in höchster Gefahr. Mit dieser Sorge wendet sich Stegemann ans Jugendamt. Weber sagt: gegen ihren Willen.

Aus den Akten des Jugendamts Unna geht hervor, was die Therapeutin dort noch vorbringt: Ein anderes Kind Webers sei »vorgeburtlich geopfert« worden. Es sei nicht auszuschließen, dass Weber ihr Kind aufgrund der Programmierung den Tätern zum Missbrauch überlassen könne.

Das Jugendamt schaltet das Amtsgericht Unna ein. Zwei Wochen vor der Geburt des Kindes tagt das Gericht erstmals.

Der Betreuer, der Weber wegen ihres Stotterns zu Terminen bei Ämtern und Ärzten begleitet, bestätigt im Verfahren, sie sei seit Längerem »richtig stabil«. Aus den Schilderungen der Beteiligten ergibt sich: Weber nimmt alle gynäkologischen Vorsorgetermine wahr, hat sich um eine Hebamme gekümmert, geht zur Geburtsvorbereitung und – noch – zur Therapie bei Jutta Stegemann.

Weber gibt zu Protokoll, sie befinde sich seit 2010 im Ausstieg aus dem Satanskult. Sie traue sich jedoch zu, mit einer ambulanten Hilfe für ihr Kind zu sorgen. Und: Es sei ihre erste Schwangerschaft.

Weber legt dazu eine Bescheinigung ihrer Frauenärztin vor, wonach keine Spuren einer früheren Geburt feststellbar sind. Ein Widerspruch zur Behauptung Stegemanns über das geopferte Kind.

Unbeirrt trägt die Vertreterin des Jugendamts trotzdem vor, »nach Aussage von Frau Stegemann« könne man nicht wissen, wie die zahlreichen »Innenpersönlichkeiten« auf das Kind reagieren würden. Diese Sorge teilt die Richterin und entzieht Malin Weber bereits vor der Geburt vorläufig das Sorgerecht. Als ihre Tochter im September 2020 zur Welt kommt, muss Weber mit ihr in eine Mutter-Kind-Einrichtung ziehen.

Weber erinnert sich, weder die Richterin noch sonst irgendjemand habe nach Belegen für die Existenz der Satanisten gefragt. Das Protokoll bestätigt das. »Die haben das alle einfach geglaubt«, sagt Weber. (…)

Während Malin Weber noch mit ihrer Tochter in der Mutter-Kind-Einrichtung lebt, lässt Jutta Stegemann erst Termine ausfallen, dann reißt die Therapie ganz ab. Eine Rechnung weist den Termin am 8. April 2021 als letzte von 83 Sitzungen aus.

»Je weniger Therapie ich hatte, desto besser ging es mir«, sagt Weber. »Immer seltener kamen irgendwelche Bilder hoch. Irgendwann habe ich begriffen, dass alles nicht stimmte.«

Am 28. Juni 2021 entscheidet das Gericht über das Sorgerecht für ihr Kind. Laut Akten beschreibt eine Mitarbeiterin der Mutter-Kind-Einrichtung Weber als umsichtig, gut informiert, »eine ganz verliebte Mutter«. Nur einmal, als ihr die vom Gericht beauftragte Psychiaterin noch vor dem Abschluss der Begutachtung eröffnet habe, sie sehe für sie keine Zukunft mit dem Kind, habe Malin Weber den ganzen Tag lang geweint.

Die Psychiaterin führt keine eigene Diagnostik durch. Was die Dissoziative Identitätsstörung betrifft, beruft sie sich auf die »Angaben der behandelnden Therapeutin Jutta Stegemann«. Die andere Gutachterin, eine Psychologin, fasst zusammen: »An der Liebe der Mutter zum Kind wird nicht gezweifelt.« Doch Stegemann zufolge sei Weber in »bis zu mehrere tausend Innenpersönlichkeiten« gespalten, auch solche, die weiterhin Kontakt zum Kult hielten. »Gemäß Stegemann« ein »unkalkulierbares Restrisiko«.

Vor Gericht trägt die Gutachterin vor, Weber habe »eine der schwersten psychiatrischen Erkrankungen überhaupt«. Im Gutachten schreibt sie, der Persönlichkeitswechsel zeige sich nach Stegemanns Angaben unter anderem durch den »Wechsel der Augenfarbe«. Niemandem, auch nicht der Richterin, fällt auf, dass das physiologisch nicht möglich ist.

Dann kommt der Gerichtsbeschluss: Die Kindesmutter könne »hoch belastet durch den Ausstieg aus dem Kult« und »ständig auf der Hut vor potenziellen Übergriffen« ihrer Erziehungsverantwortung für das Kind nicht gerecht werden. Webers Tochter kommt in eine Pflegefamilie. (…)

Seit August 2021 läuft beim Oberlandesgericht Hamm Malin Webers Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts zum Sorgerecht. Im Mai 2022 hat sie bei der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen eine Beschwerde über ihre Therapeutin eingereicht, bislang ohne Antwort.

In der Zwischenzeit hat Weber den Führerschein gemacht. Sie strebt eine IT-Ausbildung an und geht regelmäßig zur Logopädie. Für Termine bei Ämtern und Ärzten braucht sie keine Begleitung mehr. Seit anderthalb Jahren hat sie einen festen Lebenspartner.

Das Oberlandesgericht Hamm hat eine neue Psychiaterin damit beauftragt, Malin Weber zu begutachten. Bis zur Verhandlung kann es noch Monate dauern. Bis dahin darf sie ihre Tochter nur alle drei Wochen sehen, maximal zwei Stunden, unter Aufsicht der Pflegemutter und einer Betreuerin.

Das völlig unnötige Elend, das sich in dem geschilderten Einzelschicksal manifierstiert, ist jenseits dessen, was man normalerweise für möglich halten würde. Die Behandlung von Frau Weber durch ihre Therapeutin, die ihr gegenüber eine besondere Vertrauensstellung innehatte, ist schlicht bösartig. Es ist aber wohl nicht mal ausgeschlossen, dass die Therapeutin sogar noch glaubt, was sie ihrer Patientin eingeredet hat. Sie ist wohl entweder kriminell oder eine gestörte Persönlichkeit, die nur noch bedingt zurechnungsfähig ist. Trotzdem muss sie bisher keine Konsequenzen fürchten. Sie wird weiter auf Menschen losgelassen und fügt mit Sicherheit auch anderen Patienten enormen Schaden zu.

Ein Ökosystem, das die Opfer-Indoktrination trägt

Sie wird dabei von einem Ökosystem geschützt und unterstützt. Im Artikel des Spiegel werden auch einige Personen und Organisationen benannt, die sich in besonderer Weise schuldig gemacht oder in der Auseinandersetzung mit dem Thema versagt haben. Der deutsche Staat, Wissenschaftler und Kinderschutzorganisationen wirken dabei mit, die Schädigung der Hilfesuchenden zu ermöglichen. Auszüge zum Gesamtphänomen aus dem Artikel – die Namen unrühmlich involvierter Personen und Organisationen habe ich durch Fettschrift im Text hervorgehoben:

Die Existenz von Geheimkulten, in denen im Verborgenen schwerste Verbrechen begangen werden, ist seit Jahrhunderten Stoff von Verschwörungserzählungen – im Mittelalter mit antisemitischen Zügen: Juden, hieß es, würden das Blut von Christenkindern trinken. Heute geht es, wie in Webers Fall, eher um Satansanhänger, die angeblich in schwarzen Messen ihre Opfer foltern, deren Blut trinken und sie manipulieren.

In dem auch auf Deutsch erschienenen Fachbuch einer kanadischen Psychologin mit dem Titel »Jenseits des Vorstellbaren« beschreiben Betroffene detailliert regelmäßige Menschenopfer an satanischen Feiertagen. Ein angebliches ehemaliges Mitglied bezeugt, im Kult vergewaltige ein »Mann im Teufelsgewand« Kinder im Alter zwischen 12 und 18 Monaten. Mädchen würden erstmals im Alter zwischen 11 und 13 Jahren geschwängert, ihr »erstgeborener männlicher Säugling« werde »in seinen ersten Lebenswochen nach Opfermanier getötet«. Es gibt keinen Beleg für derartige Verbrechen.

Über die angeblichen Täterkreise heißt es in einer Broschüre des Fachkreises »Sexualisierte Gewalt in organisierten und rituellen Gewaltstrukturen« beim Bundesfamilienministerium aus dem Jahr 2018, mancherorts seien »Familien generationsübergreifend eingebunden«. Oft wird auch darauf hingewiesen, dass die Täterinnen und Täter eine gehobene Stellung in der Gesellschaft hätten: Beamte, Lehrer, Richter, Politiker.

In den Medien finden vermeintliche Betroffene Gehör: 2020 spricht eine Frau in einem Video von »Ze.tt«, dem Onlinemagazin der »Zeit«, über Ekeltraining durch Kultanhänger und Kindstötungen, im Jahr darauf brachte der Westdeutsche Rundfunk eine Radiosendung über »Kinder, die in Sekten ausgebeutet werden«. Zuletzt erschien in der »taz« eine Reportage über rituelle Gewalt. Überprüfbare Angaben, die auf kultische Netzwerke schließen lassen, fehlen in allen Beiträgen.

Kein Grund zu zweifeln bei denjenigen, die solche Erzählungen weitertragen: Das zeige nur, dass die Vertuschung rituellen Missbrauchs auch von Ärzten, Ermittlern und der Justiz betrieben werde. Und der Rest der Gesellschaft verschließe die Augen vor ritueller Gewalt – zu schrecklich sei die Vorstellung solcher Exzesse.

Kann das sein?

Wohl nie verfolgte die Gesellschaft so entschlossen Vorwürfe sexuellen Missbrauchs wie heute. Fortlaufend decken Ermittler erschütternde Fälle organisierter sexueller Gewalt auf, in denen Täterinnen und Täter strategisch vorgehen, Kinder für den Missbrauch weiterreichen. Staufen, Lügde, Münster, Wermelskirchen – Medien berichten detailreich über solche Tatkomplexe. Es gibt Zeugen, Spuren, Aufnahmen, manchmal auch Geständnisse.

Was es in diesen Fällen nicht gibt: Hinweise auf kultische Hintergründe.

(…) In den Niederlanden liegt seit Ende 2022 der Abschlussbericht einer Untersuchungskommission zum Thema »Rituelle Gewalt« vor. Ergebnis: Trotz etlicher Opferberichte gebe es im Land keinen Nachweis für die Existenz satanistischen Missbrauchs. (…)

Folgt man Experten wie Bianca Liebrand von der Beratungsstelle Sekten-Info Nordrhein-Westfalen in Essen, liegt der Skandal beim Thema ritueller Missbrauch nicht im kollektiven Wegsehen, sondern in fehlgeleiteten Hilfsangeboten. Jedes Jahr, so Liebrand, meldeten sich bei der Sekten-Info etwa 20 Menschen, die in einer Therapie erstmals erfahren haben wollen, Opfer ritueller Gewalt geworden zu sein. »Nach der Therapie sind sie noch destabilisierter als zuvor«, sagt Liebrand. »Wüsste man von einem Arzt, dass er mit falschen Operationsmethoden Menschen gefährdet, gäbe es einen Aufschrei.«

Und es gibt weitere Opfer: die zu Unrecht Beschuldigten. Hilfe finden sie beim Verein False Memory Deutschland, übersetzt: »Falsche Erinnerung«. Gründerin Heide-Marie Cammans berät jene, die von einem erwachsenen Familienmitglied aus dem Nichts des kultischen Missbrauchs beschuldigt wurden – oft, nachdem sie aus anderen Gründen therapeutische Hilfe suchten. »Was in solchen Therapien geschieht, bringt unendliches Leid über die Familien«, sagt Cammans, die auch Malin Weber unterstützt.

Mehr als 600 Fälle, in denen induzierte Erinnerungen eine Rolle spielen, kenne sie mittlerweile, sagt Cammans. Sehr selten stecke eine psychische Krankheit oder Autosuggestion hinter der falschen Erinnerung. Meist sei sie durch eine Therapie erzeugt.

Arbeit mit »Überlebenden« sogenannter ritueller Gewalt beschäftigt eine Szene von Therapeuten, darunter Heilpraktiker und Familienaufsteller. Sie behandeln vermeintliche Folgen schwerster Leidenserfahrungen – die es so nach allem Ermessen nie gegeben hat – oft so lange, bis die Klienten selbst überzeugt sind, extreme körperliche und sexuelle Gewalt in einem Kult erlebt zu haben. Dabei handelt es sich nicht um einen durchweg dubiosen Zirkel.

Involviert sind renommierte Vertreter ihres Fachs, allen voran die Traumatherapeutin Michaela Huber. Sie tritt schon seit mehr als 20 Jahren als Kennerin okkulter Sektengewalt auf – und hat in dieser Rolle vermutlich Hunderte Therapeuten geschult.

Ihr vermeintliches Insiderwissen verbreiten diese Fachkräfte in Opferschutzvereinen, Universitätskliniken, Bistümern. Beratungsstellen wurden geschaffen, Bücher veröffentlicht, Fortbildungen und Fachtagungen veranstaltet. Auch das Bistum Münster befeuert – trotz massiver Kritik aus anderen Bistümern und aus der evangelischen Kirche – Legenden um den rituellen Missbrauch. Etwa mit dem Aufklärungsvideo »Im Namen des Teufels: Rituelle Gewalt in satanistischen Sekten« aus dem Jahr 2016.

Um auf höchster Ebene für das Thema zu sensibilisieren, sprachen 2017 Expertinnen für rituelle Gewalt vor der »Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs« über das Leid der Betroffenen – mit Erfolg. Der damalige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung richtete ein Hilfetelefon für Opfer ritueller Gewalt ein, Forschungsgelder flossen.

Eine Vielzahl selbst ernannter Experten profitiert so von der Erzählung des satanischen Missbrauchs. Betroffene finden Anerkennung, indem sie Aussteigerinterviews geben oder Selbsthilfe-Netzwerke organisieren. Therapeuten können Patienten, die mit realem Leidensdruck in ihre Praxen kommen, zumindest einen scheinbaren Grund für deren Probleme liefern. Manche Helfer verlieren dabei offenbar die professionelle Distanz und halten alles für wahr, was sie hören. Manche überhöhen ihre eigene Rolle – sie behandeln nicht nur die schlimmsten Fälle, sie kennen auch geheimste Praktiken.

Dabei ist vieles, was in der Szene als Tatsache verbreitet wird, offensichtlicher Unsinn. Fragt man nach bei Polizei und Staatsanwaltschaften, kann sich niemand an die Aufdeckung kultischer Täternetzwerke erinnern. Manche Betroffene bezichtigen ihre ganze Familie des satanistischen Missbrauchs. Doch auch Vertreter der Szene können keinen Fall nennen, in dem das nachweislich geschah. Geht es um Verbrechen kultischer Täterkreise, fehlten in den Gewaltschilderungen angeblich Betroffener stets nachprüfbare Indizien wie Angaben zu Tatorten, Namen, Verletzungsmustern.

Die Bremer Kriminologin Petra Hasselmann ist dem Phänomen nachgegangen. Dafür sprach sie mit zahlreichen Menschen, die sich als »Überlebende« ritueller Gewalt bezeichnen. Diese setzten sich nicht mit der Frage nach der Glaubhaftigkeit ihrer Erzählungen auseinander, so Hasselmanns Resümee, sondern machten rituelle Gewalt zur »Glaubensfrage«, an der sich Freund und Feind scheiden. Wer Betroffenen nicht glaube, stehe aus Sicht der Szene auf der Täterseite.

Doch wer blind glaubt, unterstützt, dass Hilfesuchende wie Malin Weber auf andere Art zu Opfern werden. (…)

An einem Tag im Oktober hat das Trauma Institut Mainz zu einer Tagung geladen: »Dissoziative Identitätsstörung – Diagnose und Therapie«. Gekommen sind drei Mitarbeiter des Opferhilfevereins Weißer Ring und sieben Psychotherapeuten. Die Psychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz erkennt das Seminar als Fortbildung an.

Brigitte Bosse leitet das Institut, sie arbeitet seit 30 Jahren mit Opfern sexueller Gewalt. Die ärztliche Psychotherapeutin sitzt in einem Gremium der Deutschen Bischofskonferenz, ist gefragte Gesprächspartnerin an Universitäten und in Ministerien, die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung hörte sie als Expertin.

An diesem Oktobertag kommt sie kurz vor der Mittagspause auf die »Dissoziative Identitätsstörung infolge ritualisierter Gewalt« zu sprechen. Die Seminarteilnehmer lernen, es sei Tätern möglich, die Persönlichkeit eines Opfers bewusst in »Innenmenschen« aufzuspalten, die jeweils verschiedene Aufgaben hätten – etwa »Verfolger«, »Beschützer« oder »innere Berichterstatter«, die den Tätern melden, wenn das Opfer beabsichtige, zur Polizei gehen.

Bosse bittet eine Frau nach vorn. Sie stellt sich als Betroffene ritueller Gewalt vor. Sie erzählt unter anderem, sie erinnere sich, wie sie als Säugling, gerade drei Monate alt, den erigierten Penis ihres Vaters gehalten habe. Dabei schließen Gedächtnisforscher ein so frühes Erinnerungsvermögen übereinstimmend aus. Auch die angeblichen Psychotechniken der Kulte sind für Fachleute nicht nachvollziehbar.

In der Szene verweist man hingegen auf das Werk der kanadischen Psychologin Alison Miller. In ihrem Buch »Jenseits des Vorstellbaren« beschreibt sie, ein Säugling lasse sich programmieren, etwa indem man ihm Nadeln in die Fußsohlen steche und Elektroden in Körperöffnungen einführe. Nach leichten Schocks, so Miller, heule das Kind auf. Danach blieben »zwischen fünfzehn Sekunden und einer Minute«, in der eine Trainerin »der neuen kindlichen Innenperson einen Namen und ein magisches Symbol zuweisen kann«.

Das Deutsche Ärzteblatt, die offizielle Fachzeitschrift der Bundesärztekammer, lobte im Jahr 2014 das »eindrückliche und sehr kenntnisreiche Buch«.

Auch in Mainz werden Millers Bücher empfohlen. Kein Teilnehmer hinterfragt offen die Behauptung, in Deutschland könnten Satanisten unbehelligt morden. Oder wie es sein könne, dass Täterkreise aus ansonsten unauffälligen Anwälten, Ärzten und Politikern über Gehirnwäsche-Techniken verfügten, die Geheimdienste seit Jahrzehnten zu erlangen versuchen.

Auf Nachfragen schwächt Bosse nach dem Seminar per E-Mail ihre Aussagen ab, schickt überarbeitete Folien, um ein »missverständliches Bild« zu vermeiden. Begriffe wie »Programmierung« hat sie gelöscht. (…)

Auch in Deutschland haben sich Wissenschaftler mit der Verschwörungserzählung befasst, jedoch auf andere Weise. Am renommierten Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf entstanden in einer Forschungsgruppe um den Sexualwissenschaftler und forensischen Psychiater Peer Briken mehrere Arbeiten zum Thema organisierte und rituelle Gewalt: über Täter, Psychotechniken, Hindernisse bei der Aufdeckung der Taten.

Die Ergebnisse entsprechen wenig überraschend dem, was in der Szene als Tatsachenwissen verbreitet wird: Zu Wort kommen Personen, die sich selbst als Betroffene definieren, und Therapeuten und Sozialarbeiter, die mit »Überlebenden« arbeiten. Was diese angeben, wird an keiner Stelle hinterfragt.

Briken sagt, Anstoß zu den Untersuchungen hätten Berichte Betroffener vor der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs gegeben. Briken war selbst Mitglied der Kommission. »Wir haben gesehen, dass bei den Betroffenen großes Leid vorhanden ist. Wir haben von Menschen gehört, die nicht mehr arbeitsfähig sind, die sich suizidieren im Zusammenhang mit organisierter Gewalt. Darüber haben wir bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse.«

Im Bericht der Schweizer Kommission heißt es, wer den Aussagen angeblicher Opfer ungeprüft Glauben schenke, leiste schädlichen Therapien Vorschub und lasse Betroffenen keine Chance, ihrer Parallelwelt zu entkommen. Deshalb fordern die Autoren »Realitätschecks« ein.

Fragt man Peer Briken danach, sagt er: »Das war bei dieser Untersuchung nicht unser Anliegen und wäre mit dem methodischen Vorgehen auch unmöglich gewesen.« Man habe an keiner Stelle behauptet, Fakten zu präsentieren. Er selbst habe keine wissenschaftliche Evidenz für Techniken wie Mind-Control oder die gezielte Aufspaltung der Persönlichkeit. Und wenn die Ergebnisse seiner Forschungsgruppe dennoch als Beleg für die Existenz ritueller Gewalt gelesen werden? »Dass Forschungsergebnisse missbraucht werden, lässt sich leider nicht verhindern.« (…)

In Deutschland sind Familien- und Justizministerium stolz, das Missbrauchsthema an höchster Stelle angesiedelt zu haben, in Gestalt des Amts des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM). Hier sollen die Versäumnisse der Vergangenheit kompetent und integer aufgearbeitet werden.

Seit April 2022 ist die Journalistin Kerstin Claus die neue Missbrauchsbeauftragte des Bundes. Im Dezember sitzt sie in einem Konferenzraum in Berlin und sagt: Weil den Opfern sexueller Gewalt so lange und so häufig nicht geglaubt worden sei, nehme das Amt des Missbrauchsbeauftragten die gegenteilige Haltung ein – »Parteilichkeit für die Anliegen von Betroffenen«. Claus sagt: »Wir setzen uns für Schutz und Hilfe ein.«

Claus sagt, sie habe die Medienberichte in der Schweiz verfolgt. »Mit Sorge« schaue sie »auf die in konkreten Fällen festgestellten Behandlungsfehler«.

Doch auch auf dem offiziellen Hilfeportal der Missbrauchsbeauftragten war bis vor Kurzem von einer Aufspaltung der kindlichen Persönlichkeit »in mehrere Identitäten« durch »planmäßig wiederholte Anwendung schwerer Gewalt« und von »Mind-Control-Methoden« zu lesen. Gefördert vom Bundesfamilienministerium ging im November 2022 die Website wissen-schafft-hilfe.org online. Untermauert von Forschungsergebnissen aus Hamburg war dort von »Programmierung« und von »Teil-Persönlichkeiten« die Rede, denen »bestimmte Sexual- oder Gewaltpraktiken antrainiert werden« könnten. Auch in Broschüren, die sich an Opfer ritueller Gewalt richten und vom Amt der Missbrauchsbeauftragten gefördert wurden, wird die Mind-Control-Theorie verbreitet.

Fragt man Claus, ob sie all das glaube, windet sie sich: »Einen Begriff wie Mind-Control würde ich nicht nutzen«, sagt sie. Aber sie halte es für unangemessen, »Erfahrungen von Betroffenen undifferenziert als Verschwörungstheorie einzuordnen«. Schließlich berichteten diese von gezielter psychischer Manipulation.

Der SPIEGEL hat einen der Autoren des Schweizer Untersuchungsberichts um eine Bewertung der Aussagen zu ritueller Gewalt gebeten, die auf Internetseiten der Missbrauchsbeauftragten auffindbar waren oder noch sind. Werner Strik, ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bern, sagt, Informationen, die unter dem Dach der UBSKM vermittelt würden, erweckten unweigerlich den Anschein besonderer Seriosität. Doch was dort etwa über »Mind-Control« zu lesen sei, entbehre »jeglicher wissenschaftlicher Grundlage«.

Im Dezember in Berlin sagt Claus: »Der Ansatz meines Amtes ist nicht, grundsätzlich infrage zu stellen, sondern Bedarfe zu hören und sich für passende Angebote einzusetzen.« Wenige Tage nach ihrem Gespräch mit dem SPIEGEL ist der Begriff »Mind-Control« auf dem Hilfeportal nicht mehr zu finden. Auf der Webseite wissen-schafft-hilfe.org heißt es, diese sei zurzeit im Wartungsmodus. Ein UBSKM-Sprecher nennt als Grund einen »Serverwechsel«.

Die Erkenntnis des Spiegel-Artikels begrenzt sich auf das Thema ritueller Missbrauch. Aber das Grundproblem von Strukturen, die für hilfesuchende Patienten und unschuldig Beschuldigte schädlich sind, gibt es nicht nur bei rituellem Missbrauch, sondern auch bei sexuellem Missbrauch von Kindern.

Das analoge Problem im Bereich sexueller Missbrauch von Kindern

Sexueller Missbrauch gilt als so zerstörerisch, dass es für jedes Problem und jedes persönliche Versagen, jeden ausgebliebenen Erfolg, mit dem man hadert, mit einem Schlag eine vermeintlich überzeugende Erklärung gibt, die von persönlicher Verantwortung entlastet, Aufmerksamkeit und soziale Unterstützung sichert, einen verbesserten Zugang zu Behandlungsresourcen verspricht und zu Schadensersatz-, Anerkennungs- oder Ausgleichszahlungen führen kann.

Tatsächlich bleiben 40% der Betroffenen symptomlos. Sexuelle Handlungen sind für Kinder nicht per se giftig und auch tatsächliche sexuelle Übergriffe und Missbrauchstaten töten noch lange keine Kinderseelen ab.

Die Rede von „Seelenmord“ ist für Betroffene von sexuellem Missbrauch ebenso schädlich wie die Terminologie „Überlebende“, ein Begriff der ursprünglich für Überlebende von Konzentrationslagern reserviert war, von denen tatsächlich nur einige wenige einzelne je hundert oder tausend überlebt haben. Der Normalfall einer Internierung im Konzentrationslager war, dass man danach tot war. Der Normalfall, wenn man einen sexuellen Missbrauch erlitten hat, ist, dass man danach noch am Leben ist. Wenn es sich als einer der besten Schutzfaktoren bei sexuellen Übergriffen herauskristallisiert hat, zu Kontrollüberzeugungen zu gelangen und Optimismus beizubehalten, ist die Selbstkonzeption als „Überlebender“ kaum sinnvoll.

Wesentlich für eine Schädigung durch gleich welche Misshandlungsform ist der Schweregrad, die Intensität und die Dauerhaftigkeit der Belastung. Wer ständig angeschrien, schikaniert und herabgesetzt wird, hat dadurch eine furchtbare Belastung, die in der Regel auch nachwirkt. Wer ständig verprügelt wird ebenso. Wer ständig missbraucht wird auch. Wer als Kind irgendwann einmal angeschrien wurde oder irgendwann einmal eine Ohrfeige eingefangen hat, weil die Eltern die Nerven verloren haben, hat allein deshalb noch lange kein Trauma oder Behandlungsbedarf. Ebenso wenig ist das der Fall, wenn man als Kind irgendwann einmal aus sexuellen Motiven am Penis berührt wurde.

Wenn etwas aus eigener Perspektive im Grunde eher Unbedeutendes von Dritten auf monströse Dimensionen aufgeblasen wird und im Kopf des Betroffenen nachträglich diese monströse Dimensionen annimmt, ist das für den Betroffenen weit schädlicher als die ursprüngliche Handlung.

Wenn jemand wegen psychischer Probleme Hilfe sucht und der Therapeut mit der Ursachenforschung sofort aufhört, wenn irgend etwas Sexuelles in der kindlichen Vergangenheit entdeckt wird, dann ist die wahrscheinliche Folge eine Fehlbehandlung mit ausbleibendem Therapieerfolg, vielleicht aber sogar eine unbeabsichtigte Schädigung des Patienten indem ein zusätzliches Trauma erzeugt wird, das vorher schlicht nicht vorhanden war.

Neben „normal guten“ Therapeuten, die sich durch den Zeitgeist zum Schaden ihres Patienten auf eine falsche Fährte führen lassen, gibt es aber auch „Spezialisten“, die sehr an die Therapeuten von „rituellem Missbrauch“ erinnern.

Etwas abgewandelt:

Eine Vielzahl selbst ernannter Experten profitiert so von der Erzählung des Missbrauchs. Betroffene finden Anerkennung, indem sie Selbsthilfe-Netzwerke organisieren. Therapeuten können Patienten, die mit realem Leidensdruck in ihre Praxen kommen, zumindest einen scheinbaren Grund für deren Probleme liefern. Manche Helfer verlieren dabei offenbar die professionelle Distanz und halten alles für wahr, was sie hören. Manche überhöhen ihre eigene Rolle – sie behandeln nicht nur die schlimmsten Fälle, sie kennen auch geheimste Praktiken.

Wenn eine Therapie dazu führt, dass es dem Patienten schlechter geht statt besser, ist das ein klares Warnsignal. Vielen Patienten ergeht es so. Sie werden dann damit beruhigt, dass er normal sei, dass es ihnen „vorübergehend“ erst mal schlechter gehe.

Wenn man jemandem erst mühselig beibringen muss (wie es bei 65% der betroffenen dänischen Jungen aus Sicht mancher „Kinderschützer“ wohl nötig wäre), dass er geschädigt wurde, ist das aus meiner Sicht eine offensichtliche Fehlbehandlung.

In „Was aussieht wie Liebe, ist wahrscheinlich Liebe“ zitiere ich den Psychologen Martin Janning aus einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung:

Eine Besonderheit gibt es noch, wenn es um pädophile Täterstrukturen geht: Die sexuelle Gewalt ist dort eingebunden in ein Fürsorgeverhalten. Da geht es oft um Kinder, die vorher schon einen großen Mangel an elterlicher Zuwendung erlebt haben. Dann kommt zum Beispiel ein Stiefvater und gibt dem Kind, was es eigentlich braucht: Liebe, Zuwendung und Zeit. Danach hat der Täter leichtes Spiel, das Kind zu manipulieren und seine Wahrnehmung zu beeinflussen. Er zeigt ihm einen Film mit einem Kind, das einen Mann befriedigt, und sagt ihm, das dürfe es auch mal machen, das sei aber ein Geheimnis. Das Kind ist völlig verwirrt, zweifelt an der eigenen Wahrnehmung. Es wird immer weiter desensibilisiert. Und schließlich geht die Initiative sogar vom Kind aus, um den Wünschen und Erwartungen des Täters zu entsprechen. Das verstärkt am Ende die Schuldgefühle des Kindes.

Die Behandlung sieht so aus:

Wir helfen dem Kind, eine Sprache zu finden, wie schrecklich es ist. (…) Damit sich ein Kind nicht mehr im Spiegel des Täters oder der Täterin definiert, benötigt es äußere und innere Distanz. Dafür braucht es Bedingungen, sich aus pathologischen Abhängigkeitsbeziehungen zu befreien.

Die Erwartung, dass das Kind einen sexuellen Kontakt furchtbar oder traumatisierend findet, ist aber eine Erwachsenen-Erwartung, die in das Kind hineingelegt wird.

Die klinischen Psychologen S. Burkhardt & A. Rotatori schreiben im Buch „Treatment and Prevention of Childhood Sexual Abuse: A Child-Generated Model“ hierzu:

Aufgrund der moralisch verwerflichen Natur des sexuellen Kindesmissbrauchs haben die Forscher die verständliche Tendenz, die Ängste, Ekel und Schrecken in das kindliche Opfer zu projizieren. (…) In dieser Erwachsenenposition wird die Sicht des Kindes kaum wahrgenommen.

Das Trauma entsteht, wenn dem Kind beigebracht wird, dass es – insbesondere sein Vertrauen – missbraucht wurde. Es wird zum Spiegel der Ängste, des Ekels und Schreckens des Erwachsenen, der ihn behandelt.

Selektive Blindheit

Der ehemalige FBI-Beamte Kenneth V. Lanning ist forensischer Kriminologie mit Spezialschwerpunkt Kindesmissbrauch. Zitat aus der von ihm verfassten, 2010 erschienenen fünften Edition von „Child Molesters: A Behavioral Analysis – For Professionals Investigating the Sexual Exploitation of Children“:

Diese Täter verführen Kinder auf die gleiche Weise wie Erwachsene einander verführen. Diese Technik ist kein großes Geheimnis. Zwischen zwei Erwachsenen oder zwei Teenagern wird sie gewöhnlich als Dating bezeichnet. Früher nannte man es Hofieren. Der Hauptunterschied liegt jedoch in der Diskrepanz zwischen der erwachsenen Autorität des Kindermissbrauchers und der Verletzlichkeit des kindlichen Opfers. (…) Da die Opfer von Beziehungsmissbrauch in der Regel behutsam verführt wurden und sich oft nicht bewusst sind, dass sie Opfer sind, kehren sie wiederholt und freiwillig zum Täter zurück. (..) Manche Opfer sind einfach bereit, Sex gegen Aufmerksamkeit, Zuneigung und Geschenke einzutauschen und glauben nicht, dass sie Opfer sind. Der Sex selbst kann sogar genossen werden. Der Täter behandelt sie vielleicht besser, als sie sonst jemals von jemandem behandelt wurden.

Dass es sich stets nur um Missbrauch handeln kann, ist in solchen Fällen eine dogmatische, ideologische Entscheidung aus „prinzipiellen“ Gründen, die mit den subjektiven und objektiven Interessen der Kinder nichts zu tun haben. Man sieht nicht, was man nicht sehen will.

Gerade weil ich aus prinzipiellen Gründen genital-sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern als Herrschaftsverhältnis ablehne, habe ich Schwierigkeiten, Erfahrungen einzuordnen, die für das Gegenteil einer Herrschaftssbeziehung zu stehen scheinen.

Günter Amendt, Nur die Sau rauslassen?
in: konkret. Sexualität, H. 2 (1980), S. 23–30, hier S. 23.

Man darf selbstverständlich parteilich für die Anliegen von Betroffenen sein. Es darf einen aber nicht blind machen. Vor allem muss man die Deutungshoheit bei den Betroffenen belassen und sollte ihnen nichts von außen aufstülpen.

Zum Schluss komme ich wieder zurück zu den Opfern emotionaler Gewalt und anderer Gewaltformen. Diese profitieren besonders von Personen, die ihnen einen Ausgleich bieten können. Jemand, der zugewandt ist und sich kümmert ist ein wichtiger prognostischer Faktor, der etwas darüber aussagt, ob sich ein Kind gut entwickelt oder schwierig wird:

„One caring person“. Das ist eine Person, idealerweise eine erwachsene, bei der das Kind das Gefühl hat, dieser Mensch interessiert sich für mich, diesem Menschen bin ich wirklich ein Anliegen. Das kann ein Elternteil sein oder ein Großelternteil, das kann jemand in einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft sein, eine Tante oder ein Onkel. Es ist dabei überhaupt nicht wichtig, ob das ein Mann oder eine Frau ist.

Liebe, Zuwendung und Zeit, Fürsorgeverhalten, Sex, der genossen wird, Aufmerksamkeit, Zuneigung, Geschenke. Das hört sich für mich nach etwas an, von dem man profitieren kann.

Ist die Prognose eines Kindes, das mit Belastungsfaktoren wie emotionaler Misshandlung, Vernachlässigung und/oder körperlichen Gewalterfahrungen zu kämpfen hat und zusätzlich „sexuelle Gewalt“ im Sinne von Fürsorgeverhalten, Liebe, Zuwendung, gutem Sex, Aufmerksamkeit und Zuneigung erfährt, besser oder schlechter als die eines Kindes, das nur emotionale Misshandlung, Vernachlässigung und/oder körperlichen Gewalterfahrungen erlebt?

Ist die „Sexuelle Gewalt“ in diesem Sinne wirklich eine Belastung oder ist die Beziehung zu einem zugewandten Menschen, mit dem man zugleich auch positive sexuelle Erlebnisse hat, etwas, das einem gut tut, das einen stärker macht und das externe Belastungssituation bewältigen hilft?

Es gibt inzwischen viele Studien zu belastenden Kindheitserfahrungen (ACE Studies – Adverse Childhood Experiences) in denen die späteren Folgen von Erfahrungen wie körperlicher Misshandlung, sexueller Missbrauch, emotionale Misshandlung, körperliche Vernachlässigung, emotionale Vernachlässigung, Kontakt mit häuslicher Gewalt, Suchtmittelmissbrauch im Haushalt, psychische Erkrankungen im Haushalt, Trennung oder Scheidung der Eltern, inhaftierte Haushaltsmitglieder usw. als Belastungsfaktoren von Kindern untersucht werden. Wie auch im Fall der Studie, die im Artikel von Tagesschau.de vorgestellt wurde, wirkt sich in der Regel emotionaler Missbrauch am negativsten aus. Sexueller Missbrauch liegt im Mittelfeld der Belastungsfaktoren.

In der Schublade „Sexueller Missbrauch“ liegen dabei aber stets alle sexuellen Kontakte, egal ob gewollt oder ungewollt, vom Kind als Missbrauch empfunden oder nicht. Würde man hier differenzieren und zwischen willentlich gewollten und ungewollten Kontakten unterscheiden, dann wäre zu erwarten, dass die Fälle mit ungewolltem Kontakt auf der Schädlichkeitsskala der Belastungsfaktoren relativ gesehen nach oben rutschen. Bei gewollten, also nicht als Missbrauch empfundenen Kontakten wäre das Gegenteil zu erwarten. Ich halte es sogar für durchaus möglich, dass sich herausstellen könnte, dass es sich tatsächlich gar nicht um belastende Kindheitserfahrungen handelt, sondern um stärkende (PACE – Positive Childhood Experience).

Der Wille, Studien so zu gestalten, dass sie diese Fragen klären können, fehlt. Man will es anscheinend lieber gar nicht so genau wissen. Das Kindeswohl ist nicht mehr ganz so wichtig, wenn es sich falsch anfühlt, eine bestimmte Fragestellung zu untersuchen. Womit wir wieder beim systematischen Versagen wären.

Ermüdungserscheinungen jenseits des Regenbogens

Kurz nachdem am 5. Januar 2022 mit dem Grünen-Politiker Sven Lehmann erstmals ein Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt ernannt wurde, habe ich ihn angeschrieben.

ich wende mich an Sie in Ihrer Rolle als Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.

Ich möchte Sie darum bitten, ihr Augenmerk auch auf eine Gruppe zu richten, die nicht zur Queer-Bewegung gehört, die aber sehr große Probleme mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hat. Gemeint ist die Gruppe hebephiler und pädophiler Menschen.

Es geht mir dabei in keiner Weise darum, Rechte auf Kosten anderer einfordern zu wollen. Die eigene sexuelle Selbstbestimmung endet immer da, wo die sexuelle Selbstbestimmung eines anderen Menschen beginnt. Das eigentliche Problem von Pädophilen und Hebephilen ist aber nicht, dass sie auf gelebte Sexualität mit einem Menschen ihrer sexuellen Präferenz verzichten müssen, sondern der blanke Hass aufgrund der Neigung an sich.

Mein Schreiben ging insgesamt über fast acht A4 Seiten – natürlich viel zu lang, weil ich es leider nicht anders hinbekomme, aber auch sehr gut belegt und so gut erklärt, wie ich es eben vermag. Beantwortet wurde es nicht.

Ich weiß auch, dass andere Aktivisten wie die Gruppe, die den Blog „Kinder im Herzen“ (KiH) veröffentlicht, Herrn Lehmann angeschrieben haben. Sie haben es geschafft sich dabei auf etwa zwei A4 Seiten zu beschränken. Aber auch sie haben trotz mehrfacher Nachfragen keine Antwort erhalten.

Vor einigen Tagen wurde nun das Werk des Beauftragten, der Aktionsplan „Queer leben“ für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt der Bundesregierung vorgestellt. Er wird als „deutliches Signal für die Anerkennung von Vielfalt“ gefeiert. Einleitend heißt es:

Alle Menschen sollen gleichberechtigt, frei, sicher und selbstbestimmt an der Gesellschaft teilhaben. Damit dies auch für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen (LSBTIQ*) möglich ist, sieht sich die Bundesregierung in der Verantwortung für eine aktive Politik gegen Diskriminierung und für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Um Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken, verabschiedet die Bundesregierung folgenden bundesweiten Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Er enthält Empfehlungen für Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern (Rechtliche Anerkennung, Teilhabe, Sicherheit, Gesundheit, Stärkung von Beratungs- und Communitystrukturen, Internationales).

Danach wird auf 14 Seiten das politische Programm der kommenden Jahre dargelegt. Zur Situation von Pädophilien und Hebephilen findet sich: nichts.

Alle Menschen sollen gleichberechtigt, frei, sicher und selbstbestimmt an der Gesellschaft teilhaben. Außer sie sind pädophil oder hebephil. Da tut man lieber nichts dafür, dass das Versprechen an alle Menschen für diese Menschen Realität wird. Es erinnert an die „Farm der Tiere“ von George Orwell:

Alle Tiere sind gleich. Aber manche sind gleicher als die anderen.

Ein queerer Aktivist wie Jens Lehmann kann sich nicht auf Unwissenheit berufen. Er weiß, um was es geht, in einer milden Ausprägung auch aus eigener Anschauung. Was er nicht wissen kann, wurde ihm von verschiedenen Seiten erklärt. Es war ihm keine Antwort wert.

Zu ihrem eigenen Wohl werden von den LGBTQ+ Aktivisten alle Menschen unter dem Regenbogen versammelt, von wo aus sie dann die Akzeptanz und Solidarität für sich einfordern, die sie selbst anderen wider besseren Wissens verweigern.

Das Ganze ist erbärmlich und ermüdend.

Aktuell empört sich Deutschland über das Verbot der „One Love“ Kapitänsbinde bei der Fifa Weltmeisterschaft in Katar. Ich kann die Empörung nicht mitfühlen.

Das eigentliche Problem ist für mich ohnehin nicht, dass die sieben nationalen europäischen Verbände letztlich einen Rückzieher gemacht haben und die LGBTQ+ Kapitänsbinde nicht tragen werden, sondern dass es in ganz Europa überhaupt nur einen einzigen aktiven Profifußballer gibt, der sich getraut hat, sich als schwul zu outen: der 17-jährige Jake Daniel vom FC Blackpool in England hat sich im Mai 2022 geoutet.

Solange es in den Profiligen von Deutschland, Wales, Belgien, Dänemark, der Niederlande und der Schweiz keine gelebte Kultur gibt, die es einem Profispieler erlaubt hat, sich zu outen, wirkt es für mich heuchlerisch sich (im vermeintlich krassen Gegensatz zur Fifa) als ach so aufgeklärt und inklusiv präsentieren zu wollen. Gut scheinen wollen reicht nicht!

Im Spiegel erschien heute ein Interview mit Nas Mohamed aus Katar („Den Menschen ist nicht bewußt, welchr Hass uns uns in Katar entgegenschlägt“). Mohamed flüchtete sich 2015 in die USA, wo ihm seit 2017 aufgrund seiner sexuellen Orientierung Asyl gewährt wird. Er hat sich im Mai 2022 als erster Bürger von Katar als schwul geoutet.

Mein wenig mitfühlender erster Gedanke dazu war: Na und?

Es macht sich auch niemand bewusst, welcher Hass Menschen wie mir in Deutschland entgegenschlägt. Wohin könnte ich vor der Verfolgung wegen meiner sexuellen Orientierung flüchten? In welchem Land wäre es denkbar, dass ich mich outen könnte, ohne deshalb mit Belästigungen, Drohungen und körperlichen Angriffen rechnen zu müssen?

Wenn ich die Einzelheiten der geschilderten Verfolgungssituation in Katar objektiv bewerte, muss ich einräumen, dass sie über das, was man als Pädophiler oder Hebephiler in Deutschland erlebt, hinausgehen. Aber Nas Mohamed kann seit fünf Jahren unbehelligt in den USA leben und lieben. Das macht ihn aus meiner Sicht zu einem Privilegierten. Und auch die in Katar und vergleichbaren Staaten tatsächlich noch Verfolgten haben diese Perspektive. Für Menschen wie mich gibt es eine analoge Perspektive nicht.

Diejenigen, die selbst Diskriminierung oder sogar Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung aus erster Hand erfahren haben, kümmert meine Not nicht. Warum soll mich dann ihre Not kümmern?

Ausbleibende Hilfe verbittert irgendwann.

Umfrage zu den Gründen für den Abbruch einer Psychotherapie

Ich war als Jugendlicher und Heranwachsender einige Jahre suizidgefährdet.

Ursächlich waren Probleme, die im Zusammenhang mit meiner sexuellen Neigung standen, wie ein Verliebtsein aus der Ferne und ohne Hoffnung, die Ächtung von Pädophilie in der Gesellschaft und die Angst, die Menschen zu verlieren, die mich lieben, wenn sie erfahren, wer ich wirklich bin.

Ich habe in diesen Jahren keine Hilfe gesucht. Es wäre gut gewesen, wenn es damals Angebote für mich gegeben hätte, aber auch wenn es sie gegeben hätte, hätte ich die Angebote vermutlich nicht genutzt, wenn der Zugang nur mit der Auslieferung meiner Identität – und damit meines Schicksals – an einen Dritten möglich gewesen wäre.

Ich habe allerdings einmal einen Kontaktaufnahmeversuch gestartet. Damals war ich bereits nicht mehr suizidal, sondern „nur noch“ depressiv. Ich hatte die Adresse einer Beratungsstelle in einem Buch gefunden. Dort stand auch die zugehörige Telefonnummer, aber anrufen kam für mich nicht in Frage. Die Gefahr einer Identifizierbarkeit mit unkalkulierbaren Folgen war mir bei einem Anruf einfach zu groß. Also bin ich hingefahren. Die Beratungsstelle war in einer etwas weiter entfernten Großstadt. Als ich nach mehreren Stunden dort angekommen bin, musste ich feststellen, dass sie zu war. Sie war regulär (ohne Terminvereinbarung) nur zwei Tage in der Woche für ein paar Stunden geöffnet. Ich war am falschen Tag und zur falschen Uhrzeit dort. Ich bin also wieder nach Hause gefahren. Ich habe keinen zweiten Versuch unternommen. Etwas später habe ich dann allerdings Boychat entdeckt, eine englischsprachige Online-Community, die für mich als eine Art Selbsthilfegruppe funktioniert hat.

Mit der Neigung Pädophilie / Hebephilie sind sehr häufig erhebliche schädliche psychische Gesundheitswirkungen verbunden und entsprechend ist der Bedarf an psychologischer oder psychotherapeutischer Unterstützung riesig. Das Angebot ist demgegenüber völlig unzureichend.

Anfang Juli wurde ich von der Masterandin kontaktiert, die fragte, ob ich bereit wäre auf meinem Blog den Link zu einer wissenschaftlichen Studie zu teilen. Untersucht werden die Gründe für den Abbruch einer Psychotherapie bei Menschen mit Pädophilie und/oder Hebephilie.

Ich habe die Anfrage aufgrund meiner Vorurteile zunächst ignoriert, weil ich davon ausgegangen bin, dass es um Therapien im Sinne von „Kein Täter werden“ geht und sich die Studie auf die Psychotherapie zum Management von Pädophilen als Gefahr für Kinder konzentriert. So etwas wollte ich lieber nicht unterstützen, da es den Pädophilen und seiner Würde als Mensch nicht gerecht wird.

Durch eine Nachfrage der Wissenschaftlerin und einen Austausch mit ihr stellte sich dann allerdings heraus, dass ich vorschnell geurteilt hatte und es auch um allgemeine Psychotherapien geht, bei denen die Neigung thematisiert wurde und den Patienten z.B. im Umgang mit Stigmatisierung, Depressionen und suizidalen Gedanken geholfen werden soll.

Aufgrund dieser breiteren Ausrichtung haben sich meine Bedenken erledigt. Die Forschung kann vielleicht dazu beitragen, die therapeutischen Angebote zu verbessern. Das wäre sehr wichtig. Hier also der Aufruf zur Teilnahme an der Studie:

Sehr geehrte Besucher:innen dieses Blogs,

im Rahmen meiner Masterarbeit an der Technischen Universität Chemnitz suche ich Teilnehmer:innen für meine Studie, welche die individuellen Gründe für den Abbruch einer Psychotherapie bei Menschen, die sich als pädophil und/oder hebephil wahrnehmen, untersucht.

Dafür führe ich eine Online-Umfrage durch. Das Ziel ist es, individuelle Gründe und Umstände für einen Psychotherapieabbruch besser zu verstehen und Psychotherapieangebote auf die Bedürfnisse der Betroffenen anzupassen, um ihnen besser helfen zu können.

Teilnehmen können alle über 18-jährigen Personen, die sich selbst als pädophil und/oder hebephil einschätzen und die schon einmal eine Psychotherapie, in der ihre sexuelle Präferenz thematisiert wurde, vorzeitig abgebrochen haben. Auch teilnehmen können Personen, bei denen diese Psychotherapie durch den oder die Therapeut:in vorzeitig abgebrochen wurde.

Ihr individuelles Feedback zu den Gründen für Psychotherapieabbrüche ist für Forschung und Praxis höchst wertvoll und daher würde ich mich freuen, wenn Sie an der Umfrage teilnehmen würden. Über diesen Link gelangen Sie zu der selbstverständlich anonymen Umfrage:

https://limes.phil.tu-chemnitz.de/index.php?r=survey/index&sid=254751&lang=de

Vielen Dank und freundliche Grüße

Antonia Martin

Die Umfrage ist zur Zeit geöffnet und endet voraussichtlich am 25. September 2022.

Update 07.10.22 : die Umfrage wurde auf unbestimmte Zeit verlängert.

Verfassungsbeschwerden eingereicht

Hier der aktuelle Newsletter der Seite „Gegen das Puppenverbot“:

Es soweit: unsere Verfassungsbeschwerden wurden fristgerecht beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht!

Warum die Mehrzahl? Vor Gericht kann man nur mit seinem vollen bürgerlichen Namen für seine Rechte eintreten. Für viele Betroffene ist das eine unüberwindliche Hürde. Die Angst vor den möglichen sozialen Folgen der Erkennbarkeit ist einfach zu groß. Trotzdem haben wir zwei Beschwerdeführer gefunden, die bereit waren, diese Hürde zu überspringen. Wir haben dadurch aus der jeweiligen Perspektive des Beschwerdeführers zwei inhaltlich eng verwandte Verfassungsbeschwerden auf den Weg bringen können. Dies zeigt dem Gericht einerseits, dass die Grundrechtsverletzung eine Vielzahl von Personen betrifft, es sichert den Verfahrensverlauf aber auch prozessual besser ab. Wir danken den Beschwerdeführern für ihren persönlichen Einsatz, ohne den eine Verfassungsbeschwerde nicht möglich gewesen wäre.

Um eine professionelle juristische Betreuung finanzieren zu können, waren wir auf Spenden angewiesen. Es ist ein fünfstelliger Betrag im unterem Bereich zusammengekommen, der vor allem von einer Einzelperson aufgebracht wurde, die anonym bleiben möchte. Geld zu sammeln alleine reicht nicht: Man muss es auch ausgeben können, was letztlich nur mit Abstrichen bei der Anonymität möglich ist. Auch hier hat uns eine Einzelperson weitergeholfen, die uns in die Lage versetzt hat, die notwendigen Zahlungen zu leisten.

Es gab auch viele weitere Anstrengungen, die für die Arbeit an der Verfassungsbeschwerde von Bedeutung waren, zum Beispiel der Kontakt mit Bürgerrechtsorganisationen und anderen Personen, die sich für Menschenrechte engagieren, die Beobachtung relevanter Veröffentlichungen in den Medien, die Suche nach einer kompetenten anwaltlichen Vertretung, die Recherche wissenschaftlicher Studien, Nachfragen bei Forschern, Anschreiben an Antidiskriminierungsstellen und vieles mehr. Es gab also unglaublich viel Arbeit hinter den Kulissen und viele, die dazu beigetragen haben und denen wir hiermit danken möchten.

Rückblickend haben wir uns vieles einfacher vorgestellt.

Wie es scheint, darf sich niemand für die Interessen und Menschenrechte der pädophilen und hebephilen Menschen in Deutschland einsetzen. Selbst deutsche Menschenrechtsorganisationen haben Angst vor dem Stigma „Pädophilenfreund“. Es gab kaum eine Bürgerrechtsorganisation, die uns überhaupt geantwortet hat. Hochoffiziell helfen wollte uns niemand, obwohl durchaus ein Bewusstsein für die Problematik geweckt werden konnte. Eine Organisation hat es einem ihrer Mitarbeiter erlaubt, uns auf privater Basis in einer Webkonferenz Tipps zur Vorgehensweise zu geben. Eine andere hat dazu beigetragen, dass das Thema „Puppenverbot“ im Grundrechte-Report 2022, einem gemeinsamen „alternativen Verfassungsschutzbericht“ von zehn Bürger- und Menschenrechtsorganisationen, aufgegriffen wurde.

Fast noch schwieriger und zeitweise regelrecht zermürbend war die Suche nach einem Anwalt. Wir hätten uns nie vorstellen können, dass es so schwierig werden würde, die nötige professionelle juristische Unterstützung zu finden. Wir mussten mit großer Beharrlichkeit an sehr, sehr viele Türen klopfen. Es war uns dabei wichtig, keine faulen Kompromisse in Hinblick auf die Qualifikation zu machen. Mit der Lösung, die wir am Ende dann doch noch gefunden haben, sind wir sehr glücklich. Wir hätten uns keine bessere juristische Betreuung wünschen können.

Zwar glauben wir, hervorragende Argumente zusammengetragen und vorgebracht zu haben die uns gute Erfolgsaussichten bescheren, aber das bedeutet mitnichten, dass wir nun auch fest mit einem Erfolg der Verfassungsbeschwerden rechnen dürfen. Denn das glauben andere Beschwerdeführer sicherlich genauso und werden am Ende fast immer enttäuscht. Das Verfassungsgericht lässt dem Gesetzgeber aus Respekt vor dem Prinzip der Gewaltenteilung generell viel Spielraum und schreitet im Grunde nur ein, wenn es gar nicht mehr anders geht.

Die Erfolgsaussichten vor dem Verfassungsgericht sind grundsätzlich gering. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) kann die Annahme einer Verfassungsbeschwerde ohne Angabe von Gründen ablehnen. Das BVerfG hat im letzten Jahr 5.352 Eingänge verzeichnet, wovon 95 Prozent Verfassungsbeschwerden waren. Lediglich 67 davon waren erfolgreich. Damit lag die Erfolgsquote nur bei 1,29 Prozent, was den zweitniedrigsten Wert nach 1997 mit 0,97 Prozent ausmacht. (Quelle der Zahlen LTO vom 23. Februar 2022).

Falls die Verfassungsbeschwerden durch Nicht-Annahme „erledigt“ werden, wissen wir in einigen Monaten Bescheid und können dann entscheiden, ob wir den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anrufen. Falls die Beschwerden zur Entscheidung angenommen werden sollten, ist mit einer Prozessdauer von mehreren Jahren zu rechnen. Für Betroffene ist das eine unfassbar lange Zeit. Selbst im günstigsten Fall werden sie noch auf Jahre unter einer brutalen und ungerechten Gesetzgebung leiden.

Trotzdem und völlig egal wie die Sache enden mag:

Wir haben ein Signal gesendet. Ein Signal an diejenigen, die meinen Menschenrechte mit Füßen treten zu können solange es die Menschenrechte von Pädophilen und Hebephilen sind. Wir leisten Widerstand und wehren uns! Und das ist zugleich auch unser Signal an alle Pädophilen und Hebephilen: So schwierig es auch sein mag, wir können zusammenstehen und uns wehren. Zusammen schaffen wir es! Wir sind dabei auch nicht völlig allein. Man muss sie suchen und dabei Ausdauer beweisen, aber es gibt sie: Andere Menschen, die sich des gewaltigen Stigmas rund um Pädophilie und den Kontakt mit Pädophilen bewusst sind und trotzdem bereit sind, sich für eine als gerecht erkannte Sache einsetzen.

Jeder Anfang ist schwer. Aber wie Hermann Hesse in seinem Gedicht „Stufen“ schreibt: „jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“

Mehr als ein Jahr haben wir intensiv auf diesen Tag hingearbeitet. Eine Arbeit voller Höhen und Tiefen. Wir haben eine Stufe bewältigt. Wir sind bereit für weitere.

Etwas Sorge macht die Entwicklung in Österreich. Dort arbeiten Gruppen daran, dass das „Kindersexpuppen-Verbot“ aus Deutschland übernommen wird. Wir werden jeden unterstützen, der gegen das drohende Verbot vorgeht. Ihr müsst nicht bei Null anfangen. Kontaktiert uns (team@gegen-das-puppenverbot.de). Wir stehen an Eurer Seite!

Auch darüber hinaus möchten wir alle ermutigen: Es ist schwierig aber nicht unmöglich etwas zu tun, sich zu wehren, sich Gehör zu verschaffen. Helft einander, habt Hoffnung und haltet durch, auch wenn es Fehlschläge und Enttäuschungen auf dem Weg gibt. Aus eigener Erfahrung: Wer sich auf den Weg macht kann auch irgendwann zurückschauen und stolz sein.