Antipädophile Propaganda zur Päderastie

Ich habe vor einiger Zeit das Buch „Herausforderung Pädophilie, Beratung, Selbsthilfe, Prävention“ gelesen. Es handelt es sich Buch aus dem Umfeld des Projekts „Kein Täter werden“, das sich an Betroffene, Angehörige und Therapeuten richtet. Ein Auszug aus dem Klappentext:

Die Autoren fassen den aktuellen Wissensstand zusammen. Sie beschreiben die widersprüchlichen Gefühle ihrer Klienten, die Probleme von Coming out bis zur Berufswahl, aber auch die Flucht ins Internet, Risikofaktoren und -situationen und das Leiden der Kinder. Der Mythos der Einvernehmlichkeit wird ebenso hinterfragt wie die These, dass der Gebrauch von Missbrauchsabbildungen Schlimmeres verhindert. Im Zentrum stehen die Hinweise für einen konstruktiven Umgang mit Pädophilie und die Möglichkeiten von Therapie.

Die Autoren sind Claudia Schwarze und Dr. Gernot Hahn.

Frau Schwarze ist Diplom-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin und leitet die Psychotherapeutische Fachambulanz in Nürnberg, die auf die therapeutische Behandlung von Menschen, die Sexualstraftaten begangen haben, spezialisiert ist.

Herr Dr. Hahn ist Diplom-Sozialpädagoge und Diplom-Sozialtherapeut und leitet die Forensische Ambulanz im Klinikum am Europakanal Erlangen. Sein Schwerpunkt ist die Begleitung und ambulante Nachsorge vormals im Maßregelvollzug untergebrachter, straffällig gewordener Menschen. Er hat sich als Forscher mit den Schutzfaktoren rückfallfreier Sexualstraftäter beschäftigt.

Das Buch beschreibt die Gefühlslage von Pädophilen gut und sensibel. Es gibt darin Kapitel, die ich ohne weiteres unterschreiben würde. Trotzdem kann ich das Buch nur sehr bedingt empfehlen, da es auch andere Stellen gibt, die ich als ideologisch, unwissenschaftlich und unaufrichtig einschätze. Eine dieser Stellen möchte ich hier vorstellen.

Sehr früh im Buch gibt es unter dem Thema „Was ist Pädophilie“ einen Exkurs „Antikes Griechenland: Beziehungen zwischen Männern und Jungen“. Der Exkurs ist Teil des Download-Materials des Buchs, das man sich als frei verfügbares Zusatzmaterial auf der Seite des Verlags herunterladen kann. Mir geht es um folgende Passage:

Es existiert seit den 1970er-Jahren eine Pädophilenbewegung, die sich für die Legalisierung von sexuellen Kontakten zwischen Erwachsenen und Kindern bzw. Die Herabsetzung des Schultzalters einsetzt. Diese argumentiert häufig mit der im alten Griechenland praktizierten „Knabenliebe“. Der Auor Hans Licht benerkt dazu: “ Eines vor allem darf man die vergessen, (…) nämlich, dass es sich dabei niemals um Knaben, wie wir das Wort meist gebrauchen, das heißt umunmündige Kinder handelt, sondern stets um geschlechtsreife Knaben, das heißt um solche, die die Pubertät hinter sich haben“ (zitiert nach BANGE 2007, S.11). Auch im alten Griechenland gab es Gesetze gegen Kindesmissbrauch, die sexuelle Handlungen mit nicht geschlechtsreifen Kindern unter Strafe stellten, (S. 12)

Es wird hier also von den Autoren des Buchs, eigentlich zwei seriösen Wissenschaftlern, die es wirklich besser wissen müssen, die unhaltbare These übernommen, dass die griechische Knabenliebe geschlechtsreife Knaben betraff, die die Pubertät hinter sich (!) hatten.

Ich zitiere zum Vergleich aus dem Vorwort von Wolfram Setz (Historiker, Herausgeber, Übersetzer und Essayist) zum Buch „Das Hohelied der Knabenliebe, Erotische Gedichte aus der Griechischen Anthologie“:

Knabenliebe – ein Wort, das leicht zu Mißverständnissen führen kann. Es ist zwar eine genaue Übersetzung des griechischen paiderastia (die Liebe zu einem pais), doch „Knabe“ und pais sind Wörter mit unterschiedlich weiten Bedeutungen. Der „Knabe“ ist der kleine, unschuldige Junge, der mehr beschützt als geliebt werden muss; pais dagegen bezieht sich in gleicher Weise auf Junge und Mädchen, also auf das Kind allgemein, sowie auf den Sklaven, das Wort hebt also weniger auf das Geschlecht und das absolute Alter als auf die rechtliche Stellung des Unmündigen ab.

Im Begriff der Päderastie ist aus diesem weiten Bedeutungsspektrum ein Sektor herausgegriffen; hier ist pais der noch unmündige, aber schon geschlechtsreife Junge in der Phase bis zur Aufnahme in die Reihe der Erwachsenen bzw. die Ephebie als Vorstufe dazu, in Lebensjahren ausgedrückt: der Junge zwischen dem 12. und 18. Lebensjahr.

Die griechische Knabenliebe hat sehr viel von einer Initiation an sich. Der Partner ist der Begleiter auf dem Weg zum Erwachsensein, der dabei nicht nur Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt oder bestimmte Riten erfüllen hilft, sondern dem Jungen in geistig-körperlicher Liebe zugetan ist.

So ist es und so kann man es auch in unzähligen anderen Quellen nachlesen.

Die von Claudia Schwarze und Dr. Gernot Hahn übernommene These, dass es sich um Jungen handelte, die die Pubertät hinter sich hatten, entbehrt jeder Grundlage.

Päderastie betraf Jungen in der Pubertät, ab Beginn (ca. 12 Jahre) bis Ende (ca. 18 Jahre). Diese Jungen waren auch nicht mündig. Wer als mündiger Erwachsener noch pais in einer päderastischen Beziehung war, lud damit Schande auf sich.

Als Nachweis hier noch ein paar Primärquellen, drei Gedichte von Straton von Sardis, der im 2. Jahrhunderts n. Chr. gelebt hat.

Rechtes Alter
Straton

Zählt ein Knabe zwölf Jahre, dann macht er mir Freude und wenn er
schon im dreizehnten steht, zieht er mich noch stärker an:
Doch im vierzehnten ist er die süßere Blüte der Liebe;
fängt er das fünfzehnte an, beut er noch schönere Lust.
Sechzehnjährige sind für sämtliche Götter; mit siebzehn
such ich selber nicht mehr, denn sie gehören dem Zeus.
Wenn dich noch ältere reizen, dann ist es gewißlich kein Spiel mehr,
sondern dann suchst du bereits: „Und ihm entgegnete drauf.“


Der Herbling
Straton

Zart ist der Junge des Nachbarn, ganz zart noch; er reizt mich nicht wenig.
Wie verschmitzt er doch lacht, ganz so, als wär er gewillt.
Älter als zwölf ist er kaum. Noch wacht man nicht über den Herbling;
sind die Trauben erst reif, hüten sie Gitter und Schloß


Zeit der Sündlosigkeit
Straton

Sündigt ein knospender Knabe in unerfahrem Alter,
hat der verführende Freund größere Schande davon.
Duldet die Liebe ein Junge, der über die Jahre hinaus ist,
bringt sein willfähriges Herz doppelten Vorwurf ihm ein.
Aber es gibt eine Zeit, da es nicht mehr und noch nicht ein Schimpf ist:
Die Zeit, Moisis, drin heut du dich befindest und ich.


Wenn es bei Päderastie um Jungen im Alter von 12 bis 18 Jahren ging, kann ein im wissenschaftlichen Sinne Pädophiler (also jemanden der auf Kinder vor Erreichen der Pubertät steht) sich streng genommen nicht darauf berufen. Auch für jemanden, der auf Mädchen steht, wäre eine Argumentation mit Knabenliebe merkwürdig.

Aber: die Ethik der Knabenliebe, bei der ein Mentorenverhältnis des älteren Beziehungspartners zum jüngeren Beziehungspartner im Vordergrund steht, ist im Prinzip unabhängig von Alter und Geschlecht.

Der Kern des pädophilen Rückbezugs auf die Päderastie ist die moralische Forderung an den Älteren, sich gefälligst gut um den Jüngeren zu kümmern. Diese Forderung und die damit einhergehende Verantwortung ist unter den Pädophilen, die ich kenne, allgemein anerkannt. Übrigens auch bei jenen, die sich für Geschichte nicht interessieren und sich nicht mit der griechischen Päderastie beschäftigt haben.

Für mich als jemanden, der sich zu Jungen im Alter von 10 bis 14 Jahren hingezogen fühlt, wäre die griechische Antike schon eine interessante Zeit gewesen, in der ich meine Sexualität und meine sozialen Beziehungswünsche hätte ausleben können.

Allerdings muss ich zugeben, dass ich am Ende vielleicht doch lieber in der Neuzeit lebe.

Erstens sind heute zum Beispiel die Zahnärtze deutlich besser, zweitens wurden damals sehr viele Menschen (z.B. Frauen und Sklaven) systematisch sehr schlecht behandelt. Das finde ich nicht erstrebenswert. Trotz der sehr hohen Attraktivität des isolierten Aspekts der Päderastie, bin ich letztlich doch froh, dass diese Zeiten vorbei sind.

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